Schuldübernahme

Schuldübernahme

Schuldübernahme, ein Vertrag, durch den ein neuer Schuldner an Stelle des bisherigen eine bestehende Schuld übernimmt. Dem römischen Recht war die S. unbekannt, da der Eintritt eines neuen Schuldners in die Stellung des bisherigen nach dem Wesen des römischen Forderungsrechts nur dadurch möglich war, daß zugleich die Schuld selbst erneuert wurde (vgl. Novation). Nach dem Rechte des Bürgerlichen Gesetzbuches bleibt jedoch bei S. der bisherige Verpflichtungsgrund, die Obligation, die gleiche; der bisherige Schuldner wird frei, der neue Schuldner tritt an seine Stelle (sogen. privative oder befreiende S.). Die S. kann geschehen durch Vertrag des Übernehmers mit dem Gläubiger und durch Vertrag mit dem bisherigen Schuldner. Im erstern Falle wird der bisherige Schuldner sofort frei, im zweiten ist die Genehmigung des Gläubigers notwendig. Durch die Übernahme geht die Schuld, so wie sie zur Zeit der Übernahme besteht, auf den Übernehmer über. Daher stehen dem Übernehmer gegen den Gläubiger alle Einreden zu, die sich aus dem Rechtsverhältnisse zwischen dem Gläubiger und dem bisherigen Schuldner ergeben. nicht aber kann er Einwendungen geltend machen, die er etwa gegen den bisherigen Schuldner hat. Hat der Übernehmer jedoch auf die Geltendmachung von etwaigen Einwendungen bei der Übernahme verzichtet, so und sie für ihn gegenstandslos, wie er auch nicht eine dem bisherigen Schuldner zustehende Forderung gegen die seines Gläubigers ausrechnen kann. Bürgschaften und Pfandrechte für die Forderung erlöschen nach S., es sei denn, daß der Bürge oder Pfandsteller in die S. einwilligte; eine für die Forderung bestellte Hypothek geht auf den Schuldner über, und ein etwa mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht (s. d.) kann nicht im Konkurs des Übernehmers geltend gemacht werden. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt zwei besondere Fälle der S., nämlich die Hypothekenübernahme und die Vermögensübernahme. Bei der Hypothekenübernahme, d. h. wenn der Erwerber eines Grundstücks durch Vertrag mit dem Veräußerer eine Schuld desselben, für die eine Hypothek an dem Grundstück besteht, übernimmt, kann der Veräußerer bem Hypothekengläubiger schriftlich die Schuldübernahme anzeigen mit dem Hinweis, daß der Übernehmer an seine Stelle trete, falls nicht der Gläubiger binnen sechs Monaten die Genehmigung verweigert. Bei der Vermögensübernahme, d. h. wenn jemand durch Vertrag das Vermögen eines andern übernimmt, haftet der Übernehmer vom Abschluß des Vertrages ab den Gläubigern des bisherigen Schuldners neben diesen, jedoch nur bis zum Betrage des übernommenen Vermögens. Von der Schuldübernahme sind zu unterscheiden die Erfüllungsübernahme und die kumulative oder bestärkende Schuldübernahme. Die Erfüllungsübernahme ist der Vertrag, durch den sich jemand nur dem Schuldner gegenüber verpflichtet, dessen Schuld zu übernehmen. In diesem Fall erhält der Gläubiger keinerlei Rechte gegen den Übernehmer. Durch die kumulative S. dagegen tritt der Übernehmer neben den bisherigen Schuldner als zweiter Schuldner. Im Zweifel ist jedoch unter der Übernahme einer Schuld stets die eingangs erwähnte privative S. zu verstehen. Vgl. Bürgerliches Gesetzbuch, § 414–419, und v. Blume, Novation, Delegation und Schuldübernahme (Götting. 1895).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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