- Bantu
Bantu (A-Bantu), eine Gruppe von Völkern, die Afrika von der Südspitze bis 5° nördl. Br. (die Bewohner von Uganda sind noch B.) bewohnen und im S. von den Hottentotten und Buschmännern, im N. von den Sudannegern und Gallavölkern begrenzt werden. Der Name B., der »Leute« bedeutet (s. unten), wurde von Friedrich Müller eingeführt. – Das wesentliche Kennzeichen aller dieser Völker, das sie sowohl von den eigentlichen Negern als von den Hottentotten scheidet, sind die ihnen eigentümlichen Sprachen. Zur östlichen Gruppe gehört das Kafir, die Sprache der Ama-kosa, nebst dem Sulu, der Sprache der Sulukaffern, dann die am Sambesi hin gesprochenen Sprachen der Barotse, Bajeje, Maschona und die Sprachen der Küste von Sansibar: Kisuaheli, Kinika, Kikamban, Kihiau, Kipokomo; zu der mittlern Gruppe namentlich das Setschuana, die Sprache der Betschuana mit den Dialekten Sesuto, Serolong, Sehlapi, und das Tekeza, die Sprachen der Mankolosi, Matonga, Mahloenga umfassend; zur westlichen Gruppe das Otjiherero, die Sprache der Herero, ferner Bunda, Loanda, Kongo, Mpongwe, Dikele, Isubu, Fernando Po, Dualla (in Kamerun), Benga u. a. Der Zusammenhang dieser so weitverzweigten Sprachfamilie, der nach Lepsius überdies als fernere Verwandte alle zentralafrikanischen Negersprachen beizuzählen sind, gehört zu den wichtigsten Entdeckungen der neuern Sprachwissenschaft. Nach Cust sind bereits 168 Bantusprachen mit 55 Dialekten nachgewiesen. Die Verwandtschaft ist eine ebenso innige wie z. B. bei den indogermanischen Sprachen und bezieht sich ebensowohl auf die Wurzeln wie auf den sehr entwickelten Formenbau. Das Verbum ist nicht nur reich an verschiedenen Zeiten, sondern besitzt auch neben der positiven eine negative Form und eine Menge verschiedener Konjugationsarten. Auch die Deklinationsformen sind sehr zahlreich; so gibt es im Kafir verschiedene Formen des Genitivs, einen doppelten Dativ, einen Komparativ, einen Instrumental, namentlich aber in allen Bantusprachen eine große Anzahl vorn angefügter Elemente (bis zu 18), ursprünglicher Pronomina, die den Unterschied zwischen Singular und Plural ausdrücken (z. B. umu-ntu Mensch, aba-ntu oder bloß ba-ntu Leute, daher der Name B.), zugleich aber auch zur Unterscheidung der leblosen von belebten Gegenständen, zur Bezeichnung von Sammelnamen u. dgl. dienen und besonders die gegenseitige Kongruenz der Satzteile bewirken. So heißt in der Sulusprache u-mu-ntu w-etu o-mu-chle u-ya-bonakala si-m-tanda: »Mann, unser schöner, erscheint, wir ihn lieben«, wobei das vollständig oder in den verkürzten Formen w, o, u, m wiederholte Pronomen mu die Kongruenz jedes einzelnen Satzteils mit den andern ausdrückt. Diese überall präfigierten Pronomina bilden die bezeichnendste Eigentümlichkeit der Bantusprachen, die deshalb präfixpronominale Sprachen genannt worden sind. Vgl. Afrikanische Sprachen und die »Sprachenkarte«. Die Literatur der B. beschränktsich auf die von Missionaren abgefaßten Bibelübersetzungen, Erbauungsbücher u. dgl. und die von denselben gesammelten Fabeln und Märchen. Proben der letztern enthält das Journal der 1879 gegründeten South African Folk-Lore Society in der Kapstadt. Vgl. Bleek, Comparative grammar of South African languages (Lond. 1862–69, 2 Bde.); Fr. Müller, Grundriß der Sprachwissenschaft, Bd. 1 (Wien 1877); Kolbe, An English-Herero Dictionary, with an introduction to the study of Herero and Bantu in general (Lond. 1889); Büttner, Zeitschrift für die afrikanischen Sprachen (Berl. 1887–90); Raddatz, Die Suahilisprache, mit Einführung in die Bantusprachen (Leipz. 1892); Torrend, Comparative grammar of the South-African Bantu languages (Lond. 1891); Haarhoff, Die Bantustämme Südafrikas (Leipz. 1890); C. Meinhof, Grundriß einer Lautlehre der Bantusprachen (das. 1899).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.