- Nervenschnitt
Nervenschnitt (Neurotomie), operative Freilegung und Durchtrennung von erkrankten Nervensträngen. Die Durchschneidung von Nerven wird namentlich bei Neuralgien (Nervenschmerzen) angewendet, wenn diese andern Heilungsversuchen trotzen. Der Erfolg ist jedoch meistens ein nur vorübergehender, da nach der gewöhnlich rasch eintretenden Verwachsung der getrennten Stücke die Schmerzen wiederkehren. Dem soll die Neurektomie, d.h. die Ausschneidung eines längern Stückes der erkrankten Nerven, vorbeugen; freilich ist auch dann der Erfolg infolge rascher Neubildung des entfernten Stückes oft nicht nachhaltig. An Stellen, wo der Nerv nicht in längerer Ausdehnung freiliegt, wird die Neurektomie ersetzt durch die Herausreißung eines Nervenstranges (Neurorhexis, Neurexäresis); namentlich wird dieses Verfahren bei Gesichtsneuralgien (im Bereich des fünften Hirnnervs, des Nervus trigeminus) geübt. Man legt die Austrittsstelle des Nervs (z. B. am obern Rande der Augenhöhle) frei und windet den Nerv, den man fest mit einer Kornzange faßt, durch Drehen des Instruments langsam auf, bis er in der Tiefe abreißt. Dieses Verfahren bleibt, ebenso wie die andern, dann erfolglos, wenn die Ursachen der Schmerzen nicht im Ausbreitungsgebiete des Nervs, sondern, wie es häufig der Fall ist, in seinem zentralern Verlauf liegen. Die Bloßlegung von Nervensträngen wird ferner geübt, wenn Nerven, die in Narben eingebettet sind oder von Geschwülsten, Knochenauswüchsen u. dgl. gedrückt werden, freigelegt werden müssen, ferner wenn durch Verletzung getrennte Nerven zusammengenäht werden sollen (Nervennaht, s. Naht), endlich dann, wenn die blutige Dehnung von Nervensträngen vorgenommen werden soll (s. Nervendehnung). – N. wird häufig bei Pferden an den Gliedmaßen ausgeführt, namentlich bei chronischer Hufgelenklahmheit und Spat. Die erstgenannte Erkrankung ist niemals, die letztgenannte bisweilen heilbar. Sie stört oder verhindert den Gebrauch des Pferdes durch die vorhandene Lahmheit, die eine Folge der Schmerzen in den erkrankten Gelenken ist, ohne daß diese bewegungsunfähig wären. Die Lahmheit schwindet, und das Pferd kann noch jahrelang brauchbar bleiben, wenn die Schmerzen aufgehoben werden. Dies geschieht nun mittels Durchschneidung der zu dem kranken Gelenk gehenden Empfindungsnerven (vgl. Hufkrankheiten).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.