Multiplikation

Multiplikation

Multiplikation (lat.), Vervielfachung, die dritte der vier Spezies oder Hauptrechnungsarten der Arithmetik. Hat man eine sehr große Menge von Dingen zu zählen, so erleichtert man sich gewöhnlich die Arbeit dadurch, daß man stets eine bestimmte Anzahl dieser Dinge zu einer Einheit (s. d.) zusammenfaßt, z. B. bei Nüssen das Schock von 60 Stück, und daß man zählt, wie viele solcher Einheiten die Menge enthält. Die wirkliche Zahl der in der Menge enthaltenen Dinge zu finden, ist dann eine Aufgabe der Rechnung, und die Lösung dieser Aufgabe wird durch die M. geleistet. In der Arithmetik, wo man nur unbenannte Zahlen benutzt, erhält die Aufgabe der M. folgende Fassung: Gegeben sind zwei Zahlen a und b der natürlichen Zahlenreihe 1, 2, 3 ..., zu bilden ist eine neue Zahl, welche die Zahl a so oft in sich enthält, wie die Zahl b Einheiten umfaßt. Man sagt dann, die Zahl a solle mit b multipliziert werden und nennt a Multiplikandus, b Multiplikator und die neue, zu bildende Zahl das Produkt von a in b. Das Produkt wird mit a × b oder a.b oder auch, wenn kein Mißverständnis zu befürchten ist, mit ab bezeichnet, gelesen a mal b; es ist eine Summe von b Summanden (vgl. Addition), deren jeder gleich a ist, also z. B. 3. 4 = 3+3+3+3. Zerlegt man in dieser Summe jeden Summanden in die Summe der a Einheiten, aus denen er besteht, so kann man die ganze Summe auch so bilden, daß man aus jedem der b Summanden gleich a eine Einheit herausgreift, diese b Einheiten zu einer Teilsumme gleich b vereinigt und das so oft wiederholt, wie es geht. Man erhält so im ganzen a Teilsummen, deren jede gleich b ist, folglich ist das Produkt a.b gleich dem Produkt b.a, d.h. die Stellung von a und b ist für das Ergebnis der M. gleichgültig. Die Unterscheidung zwischen Multiplikator und Multiplikandus ist jetzt nicht mehr nötig, man nennt daher a und b die Faktoren des Produkts und sagt, die Faktoren sind vertauschbar, a.b oder b.a nennt man einfach das Produkt von a und b. In ähnlicher Weise ergibt sich, daß das Produkt von a.b und c gleich ist dem Produkt von a und b.c, in Zeichen (a.b).c = a.(b.c), so daß es also bei einem Produkt aus drei Faktoren: a.b.c gleichgültig ist, ob man zuerst das Produkt a.b bildet und dann mit c multipliziert oder ob man a mit dem Produkte b.c multipliziert. Schließlich folgt, daß man in einem Produkt mit beliebig vielen Faktoren die Faktoren nach Willkür untereinander vertauschen kann, ohne den Wert des Produkts zu ändern (kommutatives Gesetz der M.);es ist also z. B. 3.5.7 = 7.5.3 = 105. Ebenso kann man unter den Faktoren beliebig viele zu einem Teilprodukt zusammenfassen, von den noch übrigen Faktoren wieder beliebig viele zu einem Teilprodukt u.s.f.; das Produkt des so entstehenden Teilproduktes ist gleich dem Produkt der ursprünglichen Faktoren. Z.B. ist 3.5.7.8 = 840, anderseits 3.7 = 21, 5.8 = 40 und 21.40 wieder = 840 (assoziatives Gesetz der M.). Will man mehrere Faktoren zu einem Teilprodukt zusammenfassen, so schließt man das aus ihnen gebildete Produkt in Klammern ein, z. B. 3.5.7.8 = (3.5).(7.8) = (3.7).(5.8); das assoziative Gesetz sagt daher aus, daß bei Bildung eines Produkts das Setzen oder Weglassen von Klammern ohne Einfluß auf das Ergebnis ist. Endlich braucht man noch ein Gesetz, das gestattet, die M. mit der Addition (s. d.) zu verbinden; es ist dies das sogen. distributive Gesetz, das durch die Formel (a+b). c = c.(a+b) = a.c+b.c ausgedrückt wird, und aus dem die allgemeine Regel für die Bildung eines Produkts zweier Summen folgt: (a+b).(c+d) = (a+b).c+(a+b).d = a.c+b.c+a.d+b.d. Vermöge dieser Regeln kann man die M. großer Zahlen stets auf die von kleinern zurückführen, indem man die großen Zahlen als Summen von kleinern darstellt. In unserm dekadischen Zahlensystem kommt daher schließlich jede M. auf eine Reihe von Multiplikationen je zweier der Zahlen 1, 2, ... 9 (das sogen. kleine Einmaleins) und auf wiederholte M. mit 10 hinaus. Über die praktische Ausführung der M. von Zahlen des dekadischen Systems vgl. die Lehrbücher der elementaren Arithmetik (Rechenkunst), Bardey, H. Schubert u.a. Die M. negativer Zahlen (s. d.) führt man auf die positiven zurück, indem man jede negative Zahl in der Form (-1). a darstellt, wo a eine positive Zahl bedeutet; die Rechengesetze bleiben dieselben, und es ist nur zu beachten, daß (+ 1). (-1) = (-1). (+ 1) = -1, (-1). (-1) =+1 ist. Über die M. bei Brüchen s. Bruchrechnung. Beliebige Größen kann man nur dann miteinander multiplizieren, wenn das Produkt als eine neue, für sich bestehende Größe aufgefaßt werden kann. So läßt sich mit dem Produkt aus 4 Äpfeln und 5 Nüssen kein Sinn verbinden, dagegen ergibt das Produkt zweier Längen einen Flächenraum, z. B. ist 4 m. 5 m = 20 qm, auch benutzt man das Produkt aus einer Kraft und einem Weg als Maß für die von der Kraft geleistete Arbeit etc. Über den allgemeinen Begriff der M. vgl. H. Hankel, Vorlesungen über komplexe Zahlen (Leipz. 1867).

Abgekürzte M., eine beim Rechnen mit Dezimalbrüchen sehr nützliche Vereinfachung der M. In der Praxis sind Dezimalbrüche meist nur auf wenige Stellen genau und deshalb mit einem Fehler behaftet, der bis zu einer halben Einheit der letzten beibehaltenen Stelle gehen kann. Würde man daher z. B. 4.2634 und 5,382 in der gewöhnlichen Weise multiplizieren, so käme man auf sieben Dezimalstellen, und doch wäre schon die zweite unsicher. Man wählt dann den ungen auern Faktor, also hier 5,382, zum Multiplikator und schreibt ihn verkehrt unter den Multiplikandus, aber so, daß die Einerziffer unter die Stelle kommt, die man als letzte berücksichtigen will.

Tabelle

Man läßt dann bei der M. alle Ziffern des Multiplikandus weg, die rechts von der Ziffer des Multiplikators stehen, mit der man gerade multipliziert, erhöht jedoch wie auch sonst, wenn die erste weggelassene Ziffer größer als 4 ist, die vorhergehende um 1. Vgl. obenstehendes Musterbeispiel. – Durch Benutzung von Logarithmen kann man jede M. auf eine Addition zurückführen. Um die M. mechanisch, ohne Geistesanstrengung ausführen zu können, hat man Rechenmaschinen (s. d.) konstruiert, auch gibt es Tafeln, wo man alle Produkte a.b zusammengestellt findet, bei denen a und b ganze Zahlen sind und gewisse Grenzen nicht überschreiten. Z.B. enthalten die »Multiplikationstabellen« von C. A. Müller (Karlsr. 1897) alle Produkte a.b, wo a kleiner als 100 und b kleiner als 1000. Ferner sind zu nennen: Crelle, Rechentafeln (Berl. 1820, 2 Bde.), und J. Ernst, Abgekürzte Multiplikationsrechentafeln (Braunschw. 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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