Mörser

Mörser

Mörser, Gefäß, worin mittels einer Keule allerlei Gegenstände zerstoßen und zerrieben werden. Die größten M. bestehen aus Eisen und sind oft mit Vorrichtungen versehen, durch welche die schwere Mörserkeule nach jedem Stoß automatisch wieder in die Höhe gezogen wird, so daß dem Arbeiter nur das Herabziehen der Keule obliegt. Kleinere M. bestehen aus Messing, Serpentin, Porzellan. Letztere sind innen nicht glasiert und werden besonders in den Apotheken gebraucht. Zur chemischen Analyse benutzt man Achatmörser, um sicher zu sein, daß die zu zerreibende Substanz nicht durch abgeriebene Teilchen des Mörsers verunreinigt wird. – In der Artillerie versteht man unter M. Geschützrohre von geringer Seelenlänge, die unter Erhöhungen von 30–75° feuern, um dicht hinter Deckungen befindliche Ziele zu treffen oder durch die Fallkraft der Geschosse, jetzt aber hauptsächlich durch deren explosive Sprengkraft, Eindeckungen von Hohlräumen, Decks von Schiffen etc. zu zerstören. Diese Verwendungsart bedingte den Wert der M. für den Festungskrieg; so empfahl z. B. Carnot die Vereinigung zahlreicher M. in kasemattierten Batterien (»Carnotsche Batterien«) zur Beherrschung der feindlichen Laufgräben (s. Festung, S. 475). Die Seele der glatten M. war, da es sich um relativ kleine Ladungen handelte, im Gegensatz zu der der Kanonen, hinten zylindrisch ausgeführt oder zu einer Kammer konisch verengert. Man bezeichnete früher die einzelnen Sorten der M. nach dem Gewichte der zu schleudernden Steinkugel. Die größern Kaliber verfeuerten außer Bomben (s. d.) auch Streugeschosse, wie Spiegelgranaten, Kartätschen und Steine (Steinmörser). Der Umstand, daß für M. beim Schuß eine sehr feste Bettung erforderlich ist, verführte zu monströsen Konstruktionen. Der Paixhanssche M. (mortier-monstre, Lüttich) von 1832 wog 155 Ztr. und hatte 60 cm Seelendurchmesser; die Bombe wog 103/4 Ztr. einschließlich 1 Ztr. Sprengladung. Der 1858 in England gefertigte Palmerstonsche M. (Palmerston's Folly) wog 1838 Ztr.; die Bombe hatte einen Durchmesser von 93 cm, faßte 41/4 Ztr. Sprengladung und wog mit dieser 311/4 Ztr. Beim glatten M. war man in der Verkürzung des Rohrs ziemlich weitgehend, so daß die gewöhnliche Seelenlänge 5–6, mitunter aber auch nur 21/2-3 Kaliber betrug. Beim gezogenen System lag die konstruktive Aufgabe vor, bei verkürzten Rohren den Geschossen noch genügende Treffähigkeit durch zweckmäßige Führung zu geben, bis man durch Feststellung einer richtigen Seelenlänge, Verstärkung des Dralls, Anordnung der Züge etc. mit der Ausführung eines 15 cm-Mörsers Erfolg hatte. Im Kriege 1870/71 konnte man diese Geschütze sowie einige Versuchsexemplare von 21 cm-Mörsern vor Straßburg etc. verwenden. Seit dem wurde das Steilbahnfeuer von immer größerer Bedeutung; alle Artillerien machten Versuche mit Mörsern und Haubitzen von 12 cm, namentlich aber von 15 und 21 cm Kaliber, deren mit Sprengstoff gefüllte Geschosse außerordentliche Wirkungen gegen Deckungen aller Art auszuüben vermochten. Die Schweiz hatte sich, veranlaßt durch ihr gebirgiges Gelände, schon des Mörsers von 12 cm Kaliber bedient, und Rußland stellte in seine Feldartillerie zuerst 15 cm- Feldmörser ein. Die Hauptgeschütze der schweren Feld- und leichten Belagerungsartillerie sind gegenwärtig, neben der schweren 15 cm-Feldhaubitze, die 21 cm-M. (s. Tafel »Geschütze II«, Fig. 2 u. 3). Außerdem finden 15 cm- und lange 15 cm-M. bei Belagerungen und in Festungen in Mörserbatterien Verwendung. Leichte M. (9 cm und darunter) wurden wegen zu geringer Geschoßwirkung nicht in größerm Umfang eingeführt. M. von 24–30 cm werden als Küstenmörser gebraucht, wurden wohl auch von den Japanern bei der Belagerung von Port Arthur verwendet. Über die ersten Steilbahngeschütze im gezogenen Hinterladesystem vgl. »Historische Skizze über die Entwickelung der kurzen 15 cm-Kanone« und »Der 21 cm-M.« (Berl. 1870).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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