Lymphdrüsen

Lymphdrüsen

Lymphdrüsen (Glandeln, Lymphknoten, Glandulae lymphaticae), bei den Wirbeltieren die Erweiterung der Lymphgefäße, in denen Lymphkörperchen (Lymphzellen, weiße Blutkörperchen) gebildet werden. Sie finden sich in einfacher Form in der Schleimhaut des gesamten Darmes (geschlossene Drüsenfollikel, Peyersche Drüsen), ferner bei vielen niedern Wirbeltieren im ganzen Körper verbreitet.

Schnitt durch die Lymphdrüse. 5mal vergrößert.
Schnitt durch die Lymphdrüse. 5mal vergrößert.

Zu größern Gebilden von kompliziertem Bau vereinigt, treten sie bei Säugetieren auf; beim Menschen finden sie sich namentlich in Form von Knötchen und Knoten bis zu 2,5 cm Länge vorn an beiden Seiten des Halses, im obern Teil des Nackens, in der Ellnbeuge und Achselhöhle, an den Lungenwurzeln, vor den Wirbelkörpern des Rückgrats, in dem Darmgekröse (Mesenterialdrüsen), an Leber, Milz etc., in der Leistengegend (Leistendrüsen) und in der Kniehöhle. Sie sind von einer festern bindegewebigen Kapsel k (s. Abbildung) umgeben und bestehen aus einem Netzwerk von Bindegewebe, in dessen Maschen sich die Zellmassen, von denen sich die Lymphkörperchen ablösen, befinden, und das von der Lymphe umspült wird. Letztere tritt durch sogen. zuführende Gefäße ee in die Drüse ein und verläßt sie wieder durch ein abführendes Gefäß a. Blutgefäße sind stets reichlich in den L. verbreitet und bilden dichte Netze von Kapillaren; sie verlaufen besonders in den Räumen hh zwischen den Follikeln der Rinde rr und den bindegewebigen Scheidewänden ss; es findet hier eine Kommunikation zwischen Blut und Lymphe statt. Zu denjenigen Organen, wo Lymphzellen entstehen, gehören auch noch Milz, Thymusdrüse und Mandeln. – Die L. erkranken äußerst selten selbständig, sondern meistens nur, wenn mit der Lymphe schädliche Stoffe in sie hineingelangen. Alsdann schwellen sie zunächst durch erhöhte Blutzufuhr und Zellenvermehrung (Hyperplasie) an. So geschwollene L. bezeichnete man früher durchweg als Bubonen. Als Entzündungsreize wirken meist Bakterien und deren Stoffwechselprodukte. So sieht man bei Wundinfektion nach Verletzungen der Finger die Achseldrüsen schwellen und häufig in Eiterung übergehen; so schwellen beim Tripper, beim harten und weichen Schanker die Leistendrüsen an und gehen, besonders in letzterm Falle, in Eiterung über; beim Typhus sind die Gekrösdrüsen ebenso geschwollen wie die Peyerschen Drüsen des Darmes selbst, und in allen Fällen lassen sich die spezifischen Bakterien des ersten Krankheitsherdes auch in den L. nachweisen. Durch besonders starke Schwellung und Anfüllung mit den spezifischen Bakterien zeichnen sich die L. bei der Beulenpest aus (s. Pest). Bei der Skrofulose schwellen die L. und verkäsen, wenn in ihrem Saftbezirk tuberkulöse Prozesse verlaufen, und die käsigen Massen der L. enthalten die Tuberkelbazillen wie jene. Wenn im Lymphbezirk bösartige Geschwülste, namentlich Krebse, wuchern, so vermehren sich die eingeschleppten Geschwulstzellen (vgl. auch Lymphangiektasie) sehr oft in den L. zu neuen Gewächsen (regionäre Infektion). Über die bösartige Geschwulst der L. s. Lymphom. – Geben so die L. oft den Anlaß zu erneuter Erkrankung, so stellen sie aber auch gerade infolge ihrer Eigenschaft, zuströmende Krankheitsstoffe festzuhalten, also die zufließenden Säfte gleichsam zu filtrieren, wichtige Schutzapparate für den Körper vor, der dadurch vor mancher Allgemeinerkrankung bewahrt wird. Wie stark die filtrierende Eigenschaft der L. ist, beweist z. B. die Tatsache, daß bei Leuten, die sich tätowieren lassen, der dazu verwendete Zinnober oder die Kohle bis in die der Tätowierung nächstgelegenen L. verschleppt wird und dort ruhig liegen bleibt, während die von diesen Fremdkörpern befreite Lymphe durch die L. in den Körper tritt. So entledigt sich auch die Lunge eines Teiles des in sie eingedrungenen Staubes (Ruß u.a.), indem sie denselben an die Bronchiallymphdrüsen abgibt, die infolgedessen bei Obduktionen auf dem Durchschnitt grau bis schwarz erscheinen können. Vgl. Skrofeln und Tuberkulose.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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