Kriegsfuhrwerke

Kriegsfuhrwerke

Kriegsfuhrwerke lassen sich nach den Anforderungen, die ihr Zweck an ihre Bauart stellt, in drei Gruppen teilen: 1) K., die der Truppe überallhin und jederzeit zu folgen befähigt sind (Geschütze mit Protzen, Munitions-, Patronen-, Medizinwagen); sie müssen leicht und widerstandsfähig (Material Stahl etc.) sein, alle im Gefecht gebrauchten Gegenstände zu schneller Entnahme bereit mitführen, große Biegsamkeit (zum Durchfahren von Gräben etc.) und Lenkbarkeit (zum Umdrehen auf engem Raum) haben, die beide von der Art der Verbindung des Vorderwagens mit dem Hinterwagen abhängig sind. Diese Verbindung kann hinter der Vorderachse liegen, dann hält der Druck des Hinterwagens mehr oder weniger die Deichsel im Gleichgewicht (Balanciersystem), oder unter der Vorderachse (Unabhängigkeitssystem). Die Verbindung besteht meist in Protzhaken und Protzöse, doch auch durch Langbaum, wobei aber für diese Fahrzeuge die Trennung in besondere Behältnisse für Vorder- und Hinterwagen meist bestehen bleibt. 2) K., die der Truppe nur nach dem Gefecht, also im allgemeinen nur auf Wegen, dann aber auch schnell folgen können (Kolonnen und Trains), und 3) K., an die nicht die Anforderung schneller Bewegung, aber die des Transports eventuell großer Lasten in langsamer Fahrt auf gebahnten Wegen gestellt wird (Etappenfuhrpark, Belagerungsgeschütze, Material für den Festungskrieg).

Zu berücksichtigen ist beim Bau der K. folgendes: Taktisch: wenn das Fahrzeug ins Gefecht kommt, also speziell für Gruppe 1), Schutz gegen feindliches Feuer durch leichte Beweglichkeit, geringe Größe, nicht auffallenden Anstrich, widerstandsfähiges Material, eventuell Panzerung, speziell bei Geschützen und Munitionswagen; alle diese Maßnahmen begünstigen eben die Sicherheit und damit das ruhige Arbeiten der an den Kriegsfuhrwerken beschäftigten Mannschaften im Gefecht; für die Gruppe 2) die schnelle Beweglichkeit, verbunden mit Tragfähigkeit; da diese Fahrzeuge zum großen Teil die Verbindung zwischen Heer und Etappen aufrecht erhalten sollen, wird das Selbstfahrerwesen, das besonders für das Befahren von Straßen Bedeutung hat, in den nächsten Jahrzehnten große Umwälzungen herbeiführen; für Gruppe 3), bei der es nicht so sehr auf Schnelligkeit als auf Tragfähigkeit ankommt, treten taktische Anforderungen weniger in den Vordergrund. Technisch: bei von Pferden gezogenen Fahrzeugen ist je nach der verlangten Schnelligkeit und Zugarbeit die Last zu bemessen, z. B. bei Feldgeschützen nicht über 6,5–7, bei Munitionswagen 7–8 Ztr. Zuglast für 1 Pferd; die Breite des Gleises und der Räder ist nach dem Gelände, in dem das Fahrzeug gehen soll, dem Gewichte, der gewünschten Lenkbarkeit etc. auszuwählen; die Zugkraft muß zweckmäßig angebracht sein (etwa 11° Steigung der Taue am besten), die Verteilung der Last auf Vorder- und Hinterwagen muß günstig sein, etwa im Verhältnis 2:3; die schnelle Herstellung von Schäden muß auch im Felde schnell und leicht vor sich gehen können. Vgl. Migout u. Bergery, Essai sur la théorie des affûts et des voitures d'artillerie (Par. 1836; deutsch von Hofmann, Magdeb. 1840); »Die Konstruktion des beweglichen Fuhrwerks nach neuen Ansichten für Artilleristen etc., von einem preußischen Artillerieoffizier (Scheuerlein)« (Berl. 1842); Roerdansz, Theorie der K. (das. 1863); Kaiser, Die Konstruktion der K. (Wien 1895); Schaeffer, Der Kriegstrain des deutschen Heeres (2. Aufl., Berl. 1897).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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