- Knochenbrand
Knochenbrand (Nekrosis), das Absterben eines Knochens oder Knochenteils, das Aufhören aller Lebens- und Ernährungsvorgänge in demselben, kann nach Verletzungen, Entzündungen des Knochens und der umgebenden Weichteile, durch Embolie, infolge von Syphilis, Typhus und andern, schwere Ernährungsstörungen bedingenden Krankheitsprozessen eintreten. Ein solcher nekrotischer Knochenteil, den man auch wohl, wenn er nur ein Stück des ergriffenen Knochens ist, einen Sequester nennt, gleicht einem durch Macerieren (Faulenlassen) präparierten und von allen Weichteilen, Beinhaut, Knorpel, Mark und Gefäßen, befreiten, glatten Knochen, wie ihn die anatomischen Sammlungen aufbewahren. Zuerst noch im Zusammenhang mit dem Lebenden, wird der Sequester bald, wie jedes brandige Gewebstück, durch eine »demarkierende« Entzündung, d. h. durch Bildung eines weichen Granulationsgewebes, aus der gesunden Umgebung exfoliiert, d. h. losgetrennt, und liegt dann, von etwas Eiter umspült, lose in einer Höhle. Ist der ganze Knochen, z. B. das Schienbein, dem K. verfallen, so wird die Höhlenwand von der übrigbleibenden Beinhaut gebildet; ist nur ein kleines Stück aus der festen Knochenrinde ausgestoßen, so liegt es mitten in harter Knochensubstanz; in beiden Fällen kann die Beinhaut von außen her neue Knochenmassen an die Höhlenwand anbilden, so daß das lose Stück hierdurch gleichsam eingesargt wird. Diese dicke Knochenschale hat man dementsprechend die Totenlade, Knochenlade (capsula sequestralis) genannt. Sie ist meist vielfach durchlöchert, so daß man durch die beim K. bestehenden Eiterfisteln der Weichteile mit einer Sonde den beweglichen Sequester durch die Totenlade hindurch fühlen kann. Eine Heilung kann, da der Sequester nicht von selbst verschwindet, nur durch Aufmeißeln der Schale und Entfernung des abgestorbenen Splitters erzielt werden. Danach erfolgt meist eine Ausfüllung der Höhle mit weichem, später verknöcherndem Gewebe, wodurch die Brauchbarkeit und Haltbarkeit des allerdings oft verunstalteten Knochens meist wiederhergestellt wird. Um bei großen Knochenhöhlen eine sofortige Ausfüllung zu erzielen und dadurch langedauernde Eiterung zu verhüten, hat man solche nach Entfernung alles Krankhaften mit Knochenplomben gefüllt. Als solche wird namentlich eine Mischung von Jodoform und Walrat (nach v. Mosetig-Mooshof) empfohlen. Die Plombe wird allmählich von dem neugebildeten Gewebe verdrängt und aufgesogen. Eine eigentümliche Form des Knochenbrandes ist die sog. Phosphornekrose (s. d.).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.