- Klären
Klären (Abklären, Läutern, Schönen), Operation zur Trennung einer Flüssigkeit von darin enthaltenen festen, ungelösten Substanzen, die durch Filtrieren (s. d.) nicht entfernt werden können, weil sie durch die Poren des Filters hindurchgehen oder wegen ihrer Schleimigkeit das Filter bald verstopfen. Diese Eigenschaften besitzen besonders Substanzen, die zugleich als Fermente wirken, so daß das K. oft auch zur Konservierung gärungsfähiger Flüssigkeiten beiträgt. Sehr wirksam ist der durch Zerrühren von Filtrierpapier mit Wasser erhaltene Papierbrei, den man mit der Flüssigkeit gut mischt. Die Papierfäserchen beladen sich dabei mit jenen trübenden Substanzen, und eine einfache Filtration reicht dann hin, die Flüssigkeit »blank« zu machen. In Rawalds Klärgefäß befindet sich die Papiermasse zwischen zwei Siebböden in dem untern Teil eines zylindrischen Gefäßes aus Steinzeug, das unmittelbar über dem Boden ein Loch mit Abzapfhahn besitzt. Papierbrei eignet sich besonders zum K. von Fruchtsäften und Honig. Pulver von neuen Blumentöpfen, Dachziegeln, unglasiertem Töpfergeschirr, Kaolin, das mit Wasser gut ausgewaschen wurde, wirkt ebenfalls klärend, z. B. bei Wein, den man damit mischt und ruhig absetzen läßt. Wenn nötig, schüttelt man nach 48 Stunden die Flüssigkeit noch einmal durch; man kann auch die mit Ziegelmehl gemischte Flüssigkeit filtrieren, was selbst bei schleimigen Flüssigkeiten leicht von statten geht. Gepulverte Knochenkohle wirkt ganz ähnlich, man schüttelt sie tüchtig mit der Flüssigkeit, kocht letztere auf und filtriert. Hierbei werden zugleich Farbstoffe, übelriechende Beimischungen etc. absorbiert. Likör klärt man durch einen Kleister aus Stärke und Zucker, mit dem man den Likör stark durchschüttelt. Nach 36 Stunden hat sich die Stärke abgelagert und alle trübenden Teile mit sich niedergerissen. Alkoholarme Liköre klären sich auf diese Weise sehr langsam, und man führt daher die Operation vor dem Zusatz des Wassers aus. – Sehr oft beruht die Klärung auf dem Unlöslichwerden eines in der Flüssigkeit gelösten Stoffes, der bei seiner Ausscheidung die trübenden Stoffe an sich reißt und mit ihnen zu Boden fällt. So geschieht es beim Erhitzen eiweißhaltiger Flüssigkeiten, sei es nun, daß das Eiweiß bereits von Natur in der zu klärenden Flüssigkeit sich befindet, wie bei Pflanzensäften, oder daß man es erst hinzusetzt. Im letztern Fall schlägt man Hühnereiweiß zu steifem Schaum, rührt diesen unter die Flüssigkeit, so daß er sich vollständig verteilt, kocht dann in flachen Gefäßen auf und entfernt den sich bildenden Schaum mit einem Schaumlöffel. Das beim Erhitzen gerinnende, sich ausscheidende Eiweiß schließt alle trübenden Substanzen ein. Diese Methode wird besonders bei Fruchtsäften und bei Verwendung von Zucker zu Bonbons, zum Einmachen, Kandieren etc. angewendet. Statt Hühnereiweiß wird bisweilen Ochsenblut verwendet, das infolge seines Gehalts an Eiweiß wirkt. Flüssigkeiten, die nicht erhitzt werden dürfen, wie Wein, klärt man mit Hausenblase, die geklopft, zerschnitten, in Wein geweicht und durch Zusatz von heißem Wasser gelöst wird. Die Lösung drückt man durch Leinwand, setzt noch etwas Wein hinzu und schlägt sie eine Viertelstunde mit einer Rute. Diese Schöne mischt man mit mehr Wein und dann sehr innig mit dem zu klärenden Wein, der nach 8–14 Tagen (im Sommer) oder nach 4–6 Wochen (im Winter) vorsichtig abgezogen werden kann; zum K. des Bieres löst man die Hausenblase in Bier. Statt der Hausenblase kann man namentlich bei Rotweinen auch weiße Gelatine anwenden, und zum K. der Sommerbiere nimmt man häufig eine Abkochung von Kalbsfüßen. Bei diesen Klärmitteln bildet sich, wenn die Flüssigkeit Gerbsäure enthält, ein Niederschlag, und man benutzt deshalb auch umgekehrt Gerbsäure zum K. eiweißhaltiger Flüssigkeiten, darf aber nur so viel Gerbsäure anwenden, wie vom Eiweiß gefällt wird, weil überschüssige Gerbsäure, die in der Flüssigkeit gelöst bleibt, deren Geschmack verändert. Durch Nachklären mit Hausenblase kann man diesem Übelstand abhelfen. Fadenziehend gewordenen Wein versetzt man mit Gerbsäurelösung (Auszug aus Traubenkernen) und dann mit Hausenblase. Abgerahmte Milch dient zum K. von Weißwein und Bier (Rotwein wird entfärbt), gebrannter Alaun zum K. von fetten und ätherischen Ölen, Firnis, Fett, Leim- und Gelatinelösung, gebrannter Gips zum K. von ätherischen Ölen, Benzin, Äther, Firnis und Likören. Trüber Wein wird durch Schütteln mit gebranntem Gips klar und zugleich stärker, auch wieder wohlschmeckend, wenn sein Geschmack gelitten hatte. In allen diesen Fällen wird vom Gips nichts aufgelöst und die Klärung ist schnell vollendet. Zur raschen Klärung von jungen untergärigen Bieren, die während des Transports trübe geworden sind, soll man das Faß Bier in Zapf nehmen und durch eine Bierluftpumpe Luft in das Faß pumpen, so daß ein gelinder Druck entsteht. Dadurch setzen sich die trübenden Teile zu Boden, und wenn man den Hahn am Bierfaß ein wenig öffnet, so kann man sie abtropfen lassen; nach 1–2 Stunden fließt das Bier ganz klar.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.