Kegelspiel

Kegelspiel

Kegelspiel (Kegelschieben, Kegeln), bekanntes Spiel, das mit mannigfachen Abänderungen gespielt wird. Die Kegelbahn besteht aus einer 1,5–2,5 m breiten, 12–20 m langen, ganz ebenen und horizontalen Bahn, die jetzt bei allen bessern Anlagen mit Zement, Asphalt oder Marmorplatten gedeckt wird. Am Anfang der Bahn ist ein etwa 2 m langes Brett in dieselbe eingelassen. An beiden Seiten ist die Bahn längshin mit emporstehenden Brettern (Banden) eingefaßt, zum Schutz gegen das Wetter muß sie überbaut sein. Die Kegel, in der Regel neun an der Zahl, kommen am Ende der Bahn auf eine eingelassene, starke hölzerne (auch blecherne) Unterlage (Kreuz, Leg) so zu stehen, daß drei Kegel hintereinander, deren mittelster, durch Größe und Form etwas ausgezeichnet, der König heißt, dem Spieler entgegen die Mittelreihe bilden; rechts und links von diesen stehen zwei, dann ein Kegel. Nach ihnen wird mit 10–20 cm im Durchmesser haltenden Kugeln aus hartem Holz oder Hartgummi geschoben, die auf einer auf der Seite der Bahn nach dem Spieler zu abwärts laufenden Rinne wieder zurückbefördert werden. Hier und da hat man noch Kugeln im Gebrauch, die zur Aufnahme der Finger des Spielers mit Löchern versehen sind; es handelt sich dann mehr um ein Kegel werfen als Kegelschieben. Die bekanntesten Spiele sind: das deutsche Kegeln oder Brettspiel, das damit verwandte Hamburgern, das Partens, das Lübeckern und die Poule. Beim deutschen K. (oft unrichtig Lübeckern genannt) macht jeder Spieler hintereinander 2–3 Würfe, deren Points ihm von einem für jeden festgesetzten Stamm (100) abgerechnet werden. Eine solche Partie endet, wenn sämtliche Stämme durch die Summe der in den gemachten Würfen gezählten Points ausgeglichen sind. Beim Hamburgern teilen sich sämtliche Spieler in zwei Parteien; die Partei, die bei einer Runde die höchste Zahl erreicht, gewinnt auch die von der Gegenpartei gemachten Points. In beiden bisher genannten Spielen darf nicht angebandet (angeeckt) werden; auch einzelne Kegel hat man in Linie zu schieben (zu stechen). Bei dem in Mittel- und Süddeutschland gebräuchlichen Partens wird nicht wieder aufgestellt, bis alle Kegel gefallen sind; wird in zwei Parteien gespielt, so geschieht dies gleichfalls nicht, und jede Partei tut ihre sämtlichen Würfe nacheinander, bis alle gefallen sind oder eins der Honneurs, Herz (die drei mittelsten Kegel), Kranz oder große Schur (acht um den König), kleine Schur (die acht vordersten oder hintersten Kegel), geschoben ist. Eine allgemein gültige Regel über Zahl und Art der Honneurs besteht nicht. Hamburg, das größte Honneur, besteht darin, daß man den König und die beiden Eckkegel stehen läßt. Das Werfen von acht (beliebigen) Kegeln auf eine Kugel wird von vielen stets als Honneur gerechnet. Beim Partens darf angebandet werden, wenn nicht mehr alle Kegel stehen. und die Spieler können in beliebiger Reihenfolge schieben. Ähnlich ist das Lübeckern, nur wirft hier jeder Spieler auf eigne Rechnung. Bei Kegelpoule zahlt jeder Spieler einen Satz in den Stamm, wirft der zweite Spieler mehr als der erste, so bekommt dieser einen Strich, umgekehrt bekommt er den Strich selber. Man spielt um eine bestimmte Anzahl von Strichen, wer diese erreicht, ist »tot«. Wer überbleibt, gewinn k die Einsätze. In sämtlichen Kegelpartien wird das Durchschlüpfen der Kugel zwischen Bande und Eckkegel (Sandhase, Ratte, Loch) gestraft, das Durch gehen zwischen Eckkegel und Zweireihe (Bleibe) zählt nichts, das Durchgehen zwischen Zweireihe und Mittelreihe (Methode) aber wird mit einigen Points berechnet. – In den Vereinigten Staaten spielt man mit 10 gleichen Kegeln, die in einem Dreieck aufgestellt werden, dessen Spitze dem Spieler zugekehrt ist. Dieses Spiel mit 10 Kegeln (American bowls; American bowling alley, »Kegelbahn«) hat sich auch in England eingebürgert und die alten Nine pins verdrängt. – Die Rundkegelbahn ist von hufeisenförmiger Bauart, wobei Aufsetzbohle und Auftritt dem Kegelbrett gegenüberliegen, und besteht ganz aus Holz. Der Kurzschuh besteht aus einem ca. 0,6–1,5 m langen Brett mit Seitenrändern, entweder schmal, nach Art der gewöhnlichen Kegelbahn, wo dann die kleinen Kegel an dem einen Ende stehen, die Kugel von dem andern Ende mit einem Queue hinausgeschoben wird und im ganzen die Regeln des gewöhnlichen Kegelspiels gelten; oder das Brett ist breiter, nach oben etwas aufsteigend, oben halbrund, an der Seite läuft die Bahn, die oben sich öffnet, mehr gegen die Mitte herab stehen die Kegel. Die Kugel wird auf der einen Seite der Bahn mit einem Queue hinausgestoßen und muß von hinten in die Kegel hineinfallen. Bei dem K. mit hängender Kugel, in Gärten etc., ist die Kugel mit einer Schnur an einem Galgen in solcher Höhe über dem Leg aufgehangen, daß sie die Kegel gerade berührt. Sie wird seitwärts um die Kegel geworfen und fällt von hinten in dieselben hinein. Über K. auf dem Billard s. Billard, S. 877. – Das K. ist wahrscheinlich germanischen Ursprungs (althochdeutsch chegil) und aus der Sitte des Steinwerfens nach beliebigem Ziel hervorgegangen. Die Unterhaltung der Freier Penelopes in der Odyssee, die Voß mit »Steineschieben« übersetzt, darf wohl nicht als ein K. gedeutet werden, da die spätere reiche Literatur der Hellenen das Kegeln nicht kennt. Die erste deutliche Beschreibung des Kegelspiels finden wir im »Renner« des Hugo von Trimberg (Rektors am Kollegiatstift in Bamberg innerhalb der Zeit von 1260–1309). Damals benutzte man nur drei Kegel. Zu Anfang des 16. Jahrh. schrieb Murner das allegorische Gedicht: »Kögelspil gebracttiziert ausz dem yeczigen zwytracht des glaubens, 1522«, woraus auf allgemeine Verbreitung des Kegelns geschlossen werden darf. Von Deutschland aus muß das Spiel frühzeitig nach Frankreich, den Niederlanden und nach England gekommen sein. In Frankreich wurde es 1370 von Karl V. untersagt. In England bediente man sich anfangs nicht der Kugeln, sondern eines Wurfstockes (club-kayles); die Zahl der Kegel war daselbst sehr verschieden. Der am 8. Juni 1885 in Dresden gegründete Deutsche Keglerbund mit zahlreichen Lokalverbänden veranstaltet aller 2 Jahre ein Bundesfest; Gruß der Kegler »Gut Holz«. Vgl. Rothe, Das K., kulturhistorische etc. Studien (Halle 1879); Reichert, Neueste Kegelordnung (6. Aufl., Leipz. 1901); »Deutsche Kegler-Zeitung« (Dresden).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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