Gleichheit

Gleichheit

Gleichheit (Aequalitas) ist in der Logik die Übereinstimmung zweier Dinge, insbes. der Größe nach. In der Außenwelt findet vollkommene G., wie Leibniz richtig bemerkt und durch die Ausstellung des Prinzips von der Übereinstimmung des Nichtzuunterscheidenden (de identitate indiscernibilium) zum Denkgesetz erhoben hat, niemals statt; nur bei von uns selbst erzeugten oder gesetzten Größen kann (wie in der Mathematik) von ihr die Rede sein. So versteht man in der Arithmetik unter G. eine derartige Übereinstimmung zweier Größen, daß man die eine statt der andern setzen kann. Das Zeichen dafür ist =, z. B. 5+3 = 8; 5–3 = 2. In der Geometrie nennt man häufig zwei ebene Figuren, z. B. einen Kreis und ein Dreieck gleich, wenn sie gleichen Flächeninhalt haben, ebenso zwei Körper, z. B. Prisma und Kugel, wenn sie gleichen Rauminhalt haben (Abkürzung für inhaltsgleich).

Im Rechts- und Staatsleben versteht man unter G. die gleichmäßige Anwendung der Rechtsgrundsätze auf alle Staatsangehörigen. Man pflegt diesen Grundsatz regelmäßig unter den sogen. allgemeinen Menschenrechten mit auszuführen, und in verschiedenen deutschen Verfassungsurkunden, wie z. B. in denjenigen von Bayern, Sachsen und Baden, ist die G. vor dem Gesetz ausdrücklich als Grundsatz aufgestellt. Durch das deutsche Reichsgesetz vom 3. Juli 1869 ist die Gleichberechtigung der Angehörigen aller Glaubensbekenntnisse in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung als reichsrechtlicher Grundsatz ausgesprochen worden, in Österreich durch Art. 14 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dez. 1867. Am vollständigsten ist der Grundsatz der G. auf dem Gebiete des Privatrechts durchgeführt. Auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts liegt es in der Natur der Sache, daß nur der Staatsangehörige, der zu den Lasten des Staates mit beiträgt, auch der staatsbürgerlichen Rechte teilhaftig und der Ausländer also hiervon ausgeschlossen ist. Eine Sonderstellung kommt heutzutage nur dem Herrscher und seiner Familie sowie in Deutschland den Mitgliedern des sogen. hohen Adels zu (s. Adel und Ebenbürtigkeit). Andre Bevorzugungen gewisser Klassen in Ansehung der Wahlrechte und der Wählbarkeit, z. B. der Einkommensteuerpflichtigen und der Großgrundbesitzer, bestehen zwar noch in manchen Staaten, doch fehlt es nicht an Bestrebungen, auch hier eine völlige G. herbeizuführen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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