- Glaukōm
Glaukōm (Glaucoma, Grüner Star), eine der gefährlichsten Erkrankungen des Auges, benannt nach dem grünlichen Reflex, den man aus der erweiterten und meist starren Pupille erhält. Das wesentlichste Merkmal der glaukomatösen Krankheiten besteht in abnormer Steigerung des intraokularen Druckes, die den Schwund des Sehnervs und der lichtempfindlichen Netzhaut nach sich zieht. Diese Drucksteigerung kann akut auftreten mit stürmischen Entzündungserscheinungen (entzündliches G., Glaucoma acutum) oder schleichend ohne Entzündung (G. simplex, einfaches G.). Bei dem einfachen G. tritt zuerst eine Beschränkung des Gesichtsfeldes ein, die meist im innern obern Viertel beginnt. Nach und nach wird das Gesichtsfeld auf einen schmalen, horizontal oder schief gerichteten Streifen beschränkt. Die zentrale Sehschärfe (des gelben Fleckes) erfährt manchmal längere Zeit hindurch keine erhebliche Beeinträchtigung. In der Regel aber greift schließlich die Gesichtsfeldbeschränkung auch auf das zentrale Sehen über, und damit sind dann selbstverständlich hochgradige Sehstörungen gegeben. Das einfache G. kann auf diese Weise zu vollständiger Erblindung führen, ohne daß entzündliche Erscheinungen oder andre Beschwerden als eben der allmähliche Verlust des Sehvermögens auftreten. Das Auge wird steinhart, die Eintrittsstelle des Sehnervs erblickt man mit dem Augenspiegel tief ausgehöhlt (Druckexkavation); die vordere Augenkammer ist verengert, die Pupille ist erweitert, schlecht beweglich, die Akkommodation oft herabgesetzt. Die Krankheit verläuft sehr langsam und kann sich über mehrere Jahre erstrecken. Nur ausnahmsweise kommt es schon nach Ablauf einiger Monate zur Erblindung. In der Regel werden beide Augen kurz nacheinander ergriffen. Bei dem entzündlichen G. gesellen sich zu den genannten Symptomen noch Entzündungserscheinungen als Folgen der stürmischen Drucksteigerung: starke venöse Hyperämie des Augapfels und heftige Schmerzen (Ciliarneuralgie, die nicht nur das Auge, sondern hauptsächlich die Gegend des obern Augenhöhlenrandes, manchmal die ganze Kopfhälfte), einnehmen. Häufig sind diese Schmerzen dasjenige Symptom, über das sich die Kranken am lebhaftesten beklagen. Gleichzeitig tritt manchmal heftiges Erbrechen auf. Am Auge selbst machen sich zuweilen Lähmungen der sensibeln Nerven bemerkbar, so daß man z. B. die Hornhaut berühren kann, ohne daß der Kranke dagegen reagiert. Gleichzeitig entwickeln sich Trübungen der brechenden Medien, namentlich erscheint die Hornhaut trübe und uneben; auch der Glaskörper zeigt eine seine diffuse Trübung, die auffallend wandelbar ist, in kurzen Zeiträumen zu- und abnimmt. Bei dem entzündlichen G. kommen ferner in der Regel subjektive Sehstörungen vor. Die Kranken sehen eine Lichtflamme von regenbogenfarbigen Ringen umgeben und haben auch sonst allerhand andre lebhafte Licht- und Farbenerscheinungen. In der Mehrzahl der Fälle tritt die glaukomatöse Entzündung in einzelnen Anfällen und zwar anfangs in sehr milder Weise auf (Vorläuferstadium des Glaukoms). Im weitern Verlauf werden die Entzündungsanfälle immer häufiger; manchmal treten sie mit deutlich intermittierendem Typus auf, wie die Anfälle beim Wechselfieber. Die Entzündungserscheinungen nehmen einen heftigern Charakter an, ziehen sich in die Länge, und so bildet sich ein chronisch-entzündlicher Zustand mit zeitweiligen Verschlimmerungen aus, der endlich unter Zunahme der Aushöhlung (Druckexkavation), d.h. Schwund des Sehnerveneintritts, unter Verfall der zentralen Sehschärfe und Verkleinerung des Gesichtsfeldes zur Erblindung führt. Heftige glaukomatöse Entzündung kann diesen Ausgang schon in wenigen Wochen herbeiführen; ja, selbst im Verlauf einiger Tage, sogar Stunden kann völlige Erblindung eintreten (G. fulminans). Auch nach völliger Vernichtung des Sehvermögens kann der glaukomatöse Prozeß noch fortschreiten und zur Zerstörung und Verschrumpfung des Augapfels führen. Vor dem 30. Lebensjahre kommt G. nur ganz ausnahmsweise vor; von dieser Zeit an wird die Krankheit mit zunehmendem Alter häufiger. Das weibliche Geschlecht ist dazu mehr disponiert als das männliche. Auch die Erblichkeit spielt beim G. eine Rolle, hauptsächlich bei den entzündlichen Formen des Auges. Kurzsichtige Augen werden selten vom G. befallen. In der Mehrzahl der Fälle ist Übersichtigkeit (Hypermetropie) vorhanden; allein es ist fraglich, ob dieselbe als Ursache der Krankheit aufzufassen ist. Der Ausbruch glaukomatöser Entzündungen wird begünstigt durch Gemütsbewegungen und durch Schlaflosigkeit. Das G. kann auch im Anschluß an andre Augenkrankheiten (Netzhautblutungen, Hornhautnarben, Luxation der Linse etc.) auftreten und wird dann als sekundäres G. bezeichnet. Für die Behandlung des Glaukoms brachte v. Gräfe die Iridektomie, die Ausschneidung eines Stückes der Regenbogenhaut, in Anwendung. Durch dieselbe erfährt der Druck innerhalb des Auges eine dauernde Herabsetzung; die Erfolge sind im allgemeinen glänzend, namentlich in frischen Fällen von entzündlichem G., wo zwar eine Herabsetzung der Sehschärfe, aber noch keine erhebliche Beschränkung des Gesichtsfeldes besteht. Wenn auch einzelne Fälle unglücklich ablaufen, so wird doch durch die Iridektomie die Anzahl derer, die früher durch das G. unfehlbar der Blindheit verfielen, auf einen sehr kleinen Prozentsatz reduziert. Vgl. Schweigger, Über G. (Leipz. 1878); Mauthner, Die Lehre vom G. (Wiesb. 1882); Arlt, Zur Lehre vom G. (Wien 1884); Haab, Das G. und seine Behandlung (Halle 1902); Panas u. Rochon-Duvigneaud, Recherches anatomiques et cliniques sur le glaucome et les néoplasmes intraoculaires (Par. 1898). – G. kommt auch bei Tieren (Grüner Star der Pferde) vor.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.