- Geständnis
Geständnis (Bekenntnis, Confessio) ist im Rechtswesen das Einräumen einer Tatsache, die dem Gestehenden selbst nachteilig ist. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist es die zugunsten eines Prozeßgegners abgegebene Erklärung, eine Tatsache als richtig gelten lassen zu wollen, im Gegensatze zum Anerkenntnis (s.d.) als der Einräumung eines Anspruchs. Das G. in Zivilsachen teilt man ein in das gerichtliche und in das außergerichtliche. Unter jenem versteht man dasjenige G., das eine Partei gerade in dem Rechtsstreit, in dem es gegen sie benutzt werden soll, abgelegt hat. Jedes andre, wenngleich vor Gericht abgelegte G. nennt man ein außergerichtliches. Von einem qualifizierten G. spricht man, wenn eine vom Gegner behauptete Tatsache nur unter Beschränkungen zugegeben, z. B. bemerkt wird, der vom Kläger behauptete Vertrag sei nur unter einer nicht eingetretenen Bedingung abgeschlossen worden. Nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 289) wird die Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses dadurch nicht beeinträchtigt, daß ihm eine ein selbständiges Angriffs- und Verteidigungsmittel enthaltende Behauptung beigefügt wird. Ob die Beifügung andrer Zusätze oder Einschränkung einer einräumenden Erklärung die Eigenschaft eines Geständnisses entzieht, richtet sich nach der Beschaffenheit des einzelnen Falles. Nach § 288 dieses Gesetzbuches ist Erfordernis eines wirksamen gerichtlichen Geständnisses, daß es sich um Tatsachen handelt, die von der einen Partei im Laufe des Rechtsstreites bei einer mündlichen Verhandlung oder zu Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden worden sind. Dessen Annahme seitens der Gegenpartei ist nicht erforderlich. Soll das G. volle verbindende Kraft haben, so darf aber sein Gegenstand nicht der Privatwillkür der Parteien entzogen sein, weshalb im Ehescheidungsprozeß etc. das G. nicht des Beweises überhebt. Endlich wird eine ernstliche Willenserklärung vorausgesetzt. Der Widerruf des gerichtlichen Geständnisses hat aber (nach § 290) nur dann Einfluß auf seine Wirksamkeit, wenn die widerrufende Partei beweist, daß das G. der Wahrheit nicht entspreche und durch einen Irrtum veranlaßt sei. Genügt das G. den angeführten Anforderungen, so besteht seine Wirkung im Zivilprozeß darin, daß die eingestandene Tatsache für diesen Prozeß eines Beweises nicht bedarf. Die Wirkung eines außergerichtlichen Geständnisses ist von den Umständen des einzelnen Falles abhängig. Es ist nur Beweismittel, keine Verfügung. Ein außergerichtliches G. bedarf des Beweises, ein gerichtliches nicht. Nach der österreichischen Zivilprozeßordnung (§ 266, 267) gelten in Ansehung des Geständnisses dieselben Grundsätze wie nach der deutschen.- In Strafsachen versteht man unter G. das von dem Angeschuldigten erfolgte Einräumen einer ihm nachteiligen Tatsache. Der Richter wird dadurch der Prüfung, ob die zugestandene Tat wahr sei, nicht überhoben; es kommt daher auf die Glaubwürdigkeit an, die dem G., das hier immer nur Beweismittel, nicht wirksame Verfügung ist, zukommt, es kann daher sogar nach rechtskräftiger Freisprechung des Angeklagten infolge eines glaubwürdigen Geständnisses zur Wiederaufnahme des Verfahrens kommen (§ 402). Die Aufgabe des Untersuchungsrichters besteht deshalb auch nicht mehr darin, ein G. herbeizuführen; vielmehr hat die Vernehmung des Beschuldigten hauptsächlich den Zweck, ihm Gelegenheit zu seiner Verteidigung zu geben. Dies wird auch in der deutschen Strafprozeßordnung (§ 136) und in der österreichischen (§ 199) betont. Das G. eines Freigesprochenen hat nach § 402 der deutschen und nach § 355, 2 der österreichischen Strafprozeßordnung die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Folge. Handelt es sich bei einer Strafsache nur um eine Übertretung, und gesteht der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Tat ein, so kann der Amtsrichter nach der deutschen Strafprozeßordnung (§ 211) im Falle der Vorführung des Beschuldigten, z. B. eines Bettlers, mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft sofort zur Hauptverhandlung schreiten, ohne Schöffen zuzuziehen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.