Göschen

Göschen

Göschen. 1) Georg Joachim, Buchhändler, geb. 22. April 1752 in Bremen, gest. 5. April 1828 auf seinem Gut Hohenstädt bei Grimma, erlernte in Bremen den Buchhandel, war hierauf 13 Jahre in Leipzig in der Buchhandlung von Siegfr. Lebr. Crusius tätig, leitete sodann einige Jahre die Gelehrtenbuchhandlung in Dessau und errichtete 1785 in Leipzig ein eignes Geschäft, das er bald zu einer der angesehensten Verlagshandlungen Deutschlands erhob. Die Gesamtausgaben von Goethe (bis 1790, 8 Bde.), Wieland, Klopstock, Thümmel und Iffland, ferner Werke von Schiller, Stolberg, Seume (der als Korrektor in Göschens Druckerei fungierte), Woltmann, Apel, Fr. Laun, Böttiger, v. Knebel, Fr. Kind, Müllner, Houwald, Schriften von Hufeland, Gottfr. Schütz, F. A. Wolf, Griesbach u.a. bezeichnen Göschens Tätigkeit. Seine Prachtausgaben in Quart von Wieland (250 Tlr.), Klopstock (54 Tlr.), von Griesbachs Neuem Testament, griechisch (44 Tlr.)., Wolfs griechischem Homer (Folio, 36 Tlr.) u.a. zählten zu den besten Produkten der deutschen Typographie. Lessings Schriften übernahm er aus dem Verlag der Voßischen Buchhandlung in Berlin. G. schrieb selbst viele Erzählungen, die meist anonym in Zeitschriften erschienen, z. B. »Johanns Reise« (1793), wogegen das Schillersche Xenion Nr. 291 gerichtet ist, und das Lustspiel »Zweimal sterben macht Unfug« (1800). Außerdem redigierte er: »Die Sonntagsstunde«, eine Wochenschrift (1813), und »Amerika, dargestellt durch sich selbst« (1818–20, 3 Bde.). Sein Leben beschrieb sein Enkel (s. unten) u. d. T.: »George Joachim G., printer and publisher of Leipzig« (Lond. 1903). Nach Göschens Tod wurde die Verlagshandlung unter Leitung seines jüngsten Sohnes, Hermann Julius G. (geb. 1803, gest. 29. Juni 1845), fortgeführt, 11. Nov. 1838 von dem Freiherrn Georg v. Cotta (s. d.) angekauft und ging 1868 in den Besitz von F. Weibert über, der das Geschäft nach Stuttgart verlegte und es 1889 an Adolf Nast verkaufte. Von diesem übernahm es 1896 Wilhelm Crayen, der es nach Leipzig zurückverlegte. Die von dessen Vorgänger (Nast) begonnene »Sammlung Göschen« (bis jetzt 220 Bände) ist ein Repertorium sämtlicher Disziplinen in gemeinverständlicher Darstellung auf knappstem Raum.

2) George Joachim, Viscount Goschen, engl. Staatsmann, geb. 10. Aug. 1831 in London, Sohn des Bankiers Wilhelm Heinrich G. und Enkel von G. 1), studierte in Oxford und trat dann als Teilhaber in das Bankgeschäft Frühling u. G. Seiner Schrift »Theory of foreign exchanges« (Lond. 1863, 16. Aufl. 1894; deutsch von Stöpel, Frankf. 1875, und von Herz, Wien 1876) wurden scharfe Auffassung und weiter praktischer Blick nachgerühmt. Im Parlament, dem er seit 1863 angehörte, tat sich G. als Vertreter liberaler Grundsätze so hervor, daß Russell ihn 1865 als Vizepräsidenten des Handelsamtes ins Ministerium berief. Im Januar 1866 wurde er Kanzler des Herzogtums Lancaster und Mitglied des Kabinetts, dem er bis zum Juni 1866 angehörte. Als im Dezember 1868 Gladstone aus Ruder kam, erhielt G. zuerst das Präsidium des Armenamtes und war dann vom März 1871 bis zum Februar 1874 erster Lord der Admiralität. 1876 bewog er als Vertreter der englischen Staatsgläubiger Ägyptens den Chedive dazu, die ägyptischen Finanzen unter die Kontrolle einer europäischen Kommission zu stellen. 1877 ward G. zum Präsidenten des vom Unterhaus niedergesetzten Untersuchungsausschusses über den Wert des Silbers erwählt, und 1878 vertrat er England auf dem internationalen Münzkongreß zu Paris. Im Mai 1880 trat G. wegen seiner Opposition gegen die Erweiterung des Wahlrechts in das von Gladstone gebildete Kabinett nicht ein, ging aber als englischer Botschafter nach Konstantinopel und blieb hier bis zum Mai 1881. 1886 sagte er sich von Gladstone wegen wegen irischer Pläne los, trat der neugebildeten Partei der liberalen Unionisten bei und wurde infolgedessen nach der Auflösung des Parlaments nicht wieder gewählt. Im Januar 1887 wurde G. zum Schatzkanzler im Ministerium Salisbury ernannt. Seine Bewerbung um einen Parlamentssitz in Liverpool scheiterte, so daß die Sitzungen des Unterhauses ohne Anwesenheit des Finanzministers eröffnet werden mußten; erst 9. Febr. wurde G. für einen Londoner Wahlbezirk gewählt. 1887 wurde er zum Rektor der Universität Aberdeen, 1890 zum Rektor der Universität Edinburg erwählt. Im August 1892 trat G. mit Salisbury von seinem erfolgreich bekleideten Amt zurück und gehörte in den Sessionen von 1893 und 1894 zu den eifrigsten Gegnern der neuen Homerulebill Gladstones und der Finanzpolitik von Sir W. Harcourt. Im dritten Ministerium Salisbury übernahm er im Juni 1895 abermals das Marineministerium, trat aber bei der Reorganisation des Kabinetts im November 1900 zurück und wurde als Viscount Goschen (so schrieb sich G., seit er in England eine politische Stellung erlangt hat) in den Peersstand erhoben. 1903 veröffentlichte er eine Biographie seines Großvaters (s. oben 1).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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