Fischtransport

Fischtransport

Fischtransport. Für die Versendung von Fischereiprodukten im Lande kommt in der Regel nur die Eisenbahn in Fra ge, die Post nur für Sendungen geringern Umfanges von höherm Wert und für den Vertrieb von Fischlaich oder Fischbrut. Fischlaich und lebende Fische werden auf Verlangen als dringende Sendung gegen eine besondere Extragebühr von 1 Mk. für jedes Stück mit der schnellsten Postgelegenheit, namentlich auch mit Schnell- und Kurierzügen befördert. Bei der Versendung von Seefischen hat sich der Brauch eingebürgert, allwöchentlich an die regelmäßigen Abnehmer in Kartenform ein unverbindliches gedrucktes Preisverzeichnis der verschiedenen Fischsorten zu versenden, worauf die endgültige Vereinbarung mit der Bestellung telegraphisch erfolgt. Der Umstand, daß die katholische Bevölkerung die Fische hauptsächlich am Freitag wünscht, drängt den Dienst der Post und Telegraphie und den Versand selbst an bestimmten Tagen stark zusammen.

Bei dem Eisenbahntransport erfolgt die Versendung der Fischereiprodukte entweder lebend (meist bei der Binnenfischerei) oder tot (auf Eis, gesalzen, geräuchert etc., meist bei der Seefischerei). Für den Eisenbahnversand lebender Fische sind ovale (flache) reine, ausgelaugte Fässer aus weichem Holz mit Eisenreifen am zweckmäßigsten. Die Fische müssen einige Zeit vor dem Versand zur Vermeidung größerer Kotmassen im Wasser gehungert haben. Die Fässer dürfen, namentlich im Sommer, auf 350 Lit. nicht mehr als ca. 1,5 Ztr. Fische enthalten, auch setzt man dann etwas Eis hinzu (im Sommer 0,5 Ztr.). In jedes Faß kommt nur eine Fischart. Karpfen und Schleien können zur Not auch auf viel nassem Gras in flachen Kisten etc. lebend verschickt werden, noch besser in Blättern von Seerosen. Ein öfterer Überguß von Wasser unterwegs ist gut. Der Versand leben der Aale geschieht in Fischfässern mit Wasser oder trocken (besonders für Setzaale). In letzterm Fall am besten in Kisten oder Körben mit durchlöchertem Zinkeinsatz. Beigabe von angefeuchteter Holzwolle, Schilf, Moos od. dgl. und eine Bedeckung damit sowie Zufügung von Eis auf Packleinwand wird empfohlen. Auch hier ist zu beachten: kein Verfand frischgefangener Aale und, als allgemeine Regel, je wärmer es ist und je länger die Reise, um so weniger Fische sind in den Behälter zu tun.

Die Beförderung lebender Fische erfolgt durch die Bahn in geeichten oder eichamtlich gestempelten Gefäßen. Für jedes Liter des ganzen Gefäßes wird 1 kg Fracht berechnet. Zu jeder Sendung lebender Fische und Fischbrut wird ein Begleiter zugelassen, der dafür zu sorgen hat, daß die Gefäße mit lebenden Fischen bewegt (durchlüftet) werden. Der Begleiter bezahlt in Personenzügen, falls er im Wagen neben der Sendung Platz nimmt, eine Fahrkarte der im Zuge befindlichen niedrigsten Wagenklasse, in Zügen ohne Personenbeförderung ein Fahrgeld von 2 Ps. für das Kilometer. Eine Haftung für die Innehaltung der Fischfahrpläne übernimmt die Eisenbahn nicht, die regelmäßigen Lieferfristen werden durch die Bekanntgabe der Beförderungsgelegenheiten für Fische nicht berührt. Fehlt daher ein besonderer Begleiter bei den Fischsendungen, so müssen Absender und Empfänger ihrerseits alle Vorsorge treffen und sich auch telegraphisch miteinander in Verbindung setzen. Der Versand der toten Tiere hat bei weitem den größten Umfang. Seefische werden meist schon auf See ausgenommen, gereinigt und auf Eis gelegt, dann in den Auktionshallen der großen Hafenorte in flachen Kisten verauktioniert und weiter für den Eisenbahnversand handelsüblich in Weidenkörben zu 50 kg derart verpackt, daß zunächst Packpapier, dann Stroh, hierauf eine Schicht zerkleinerten Eises und endlich die Fische mit Eis untermischt hineingelegt werden. Man rechnet im Sommer auf 1 Ztr. Fische etwa 0,5 Ztr., im Frühjahr und Herbst etwa 0,25 Ztr. Eis. In dem bedeutendsten Fischereihafen Deutschlands, Geestemünde, läßt die Eisenbahnverwaltung die Körbe abholen, um zu vermeiden, daß sich alles auf die letzte Stunde zusammendrängt. Für die Fischbeförderung werden besondere Fahrpläne ausgegeben, die Fische etc. werden sowohl bei Aufgabe als Stückgut wie als Wagenladung als Eilgut befördert, während nur für Frachtgut bezahlt wird. Dies gilt nur für frische und geräucherte Fische, die Beipackung auch nur kleiner Mengen von Marinaden, Austern etc. hat den Wegfall der Ermäßigung zur Folge.

Als verderbliche Ware müssen Fischsendungen frankiert werden, oder die Absender müssen die Fracht, z. B. durch Hinterlegung eines Reverses (wie es z. B. in Geestemünde von den großen Versandgeschäften geschieht), bei der Eisenbahnverwaltung sicherstellen. Die durch den Revers übernommene Verpflichtung, die Gebühren auf Anfordern sofort zu erstatten, erleichtert den Verkehr sehr. Auf Antrag des Absenders und mit Zustimmung der Eisenbahn kann die Sendung auch als Schnellzugsgut mit denjenigen Zügen befördert werden, mit denen die Bestimmungsstation am schnellsten erreicht wird. Dann wird Eilgutfracht, mindestens jedoch 50 Ps. für jede Frachtbriefsendung, erhoben. Eisenbahnkühlwagen, wie sie in England (Tankwagen, Spezialwagen mit Isolierwänden und Einrichtungen zur Eiseinlage, hohe Güterwagen mit Ventilation) und Amerika (refrigerator cars, Spezialwagen für Fischbrut der U. S. Fish Commission) vielfach in Gebrauch sind, werden in Deutschland bisher nur vereinzelt benutzt (s. Tafel »Eisenbahnwagen II«, Fig. 8). Die Hochseefischereigesellschaft Nordsee in Nordenham (Oldenburg) befördert ihre Ware in eignen Kühlwagen nach ihren Verkaufsplätzen.

Auf See, in den Küstengewässern und Flüssen werden lebende Fische auch in Schiffen (Ewern, Quatzen etc.) zum Markt gebracht, die einen besondern mit Wasser gefüllten Schiffsraum (Bünn, Decken u. dgl. genannt) besitzen, in den das Wasser durch Löcher von außen eindringen kann. Aus durchlöcherten Holzkasten werden auch wohl Flöße gebildet, die z. B. Karpfen aus Böhmen nach Hamburg bringen und mehrere Wochen unterwegs sind. Die Fischbehälter müssen möglichst in Bewegung bleiben, damit das Wasser in ihnen sich erneuern kann. Der überseeische Transport von Fischen erfolgt in der Regel in konserviertem Zustande (getrocknet als Klipp- und Stockfisch, als Konserven, in Salz), auf Eis nur in kürzern Reisen. Gefrorne Lachse kommen vielfach von Amerika nach Europa, ferner aber auch lebende Austern.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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