Christliche Altertümer

Christliche Altertümer

Christliche Altertümer (hierzu Tafel »Christliche Altertümer I u. II«), im weitern Sinn alle auf die Anfänge des Christentums bezüglichen Schrift- und Kunstdenkmäler bis zum Beginn der byzantinischen Kunstepoche, im engern Sinne die Erzeugnisse der Kunst und des Kunsthandwerks, die in den unterirdischen Begräbnisstätten der ersten Christen, vornehmlich in den Katakomben (s.d.) in und bei Rom, erhalten worden sind. Diese ersten Äußerungen der christlichen Kunst schließen sich in der Kunstform wie in der Technik eng an die heidnisch-römische Kunst an, aus der sie hervorgegangen sind. Sie unterschieden sich von jener anfangs nur durch die Symbole, die auch später noch das charakteristische Merkmal blieben. Die künstlerische Ausschmückung der Katakomben war in erster Linie dem Gedächtnis der Toten, dann der Erbauung der Überlebenden gewidmet, die sich an den Gedächtnistagen der Märtyrer in den unterirdischen Begräbnisstätten versammelten. Die Einrichtung der Begräbnisstätten mit ihren übereinander gereihten Nischengräbern (Tafel 1, Fig. 2,4 u. 5) ist den römischen Kolumbarien (s.d.) nachgebildet, ebenso wie die Form der römischen Sarkophage beibehalten wurde, nur daß an Stelle der mythologischen Darstellungen solche aus dem Alten Testament und später auch aus den Evangelien traten (Tafel I, Fig. 6, und Tafel »Bildhauerkunst VII«, Fig. 9). Die Behandlung der Körperformen und der Tracht wich nicht von dem in der römischen Kaiserzeit üblichen Stil ab. Die Ausführung der plastischen und gemalten Kunstwerke ist freilich meist roh und flüchtig, was sich z. T. aus der gebotenen Schnelligkeit der Herstellung, z. T. aus dem allgemeinen Verfall der Kunst im römischen Reich erklären mag. Die Decken- und Wandmalereien hängen in ihrer Einteilung und Umrahmung, in der Belebung der Flächen mit Vögeln, Rankenornamenten, Palmettenverzierungen, Fruchtschnüren etc. völlig von der aus den Überresten in Pompeji und Rom bekannten griechisch-römischen Wanddekoration ab (Tafel II, Fig. 1). Nur sind an die Stelle der Götter, Heroen, Nymphen und Satyrn die Gestalten des Alten Testaments und die Symbole getreten, die vor der Darstellung des gekreuzigten und segnenden Christus diesen geraume Zeit ersetzten. Das älteste figürliche Sinnbild Christi scheint der Gute Hirt mit dem Lamm gewesen zu sein (Tafel I, Fig. 1, und Tafel II, Fig. 1), der sehr häufig auf Wand- und Deckenmalereien und auch in plastischen Darstellungen vorkommt (seit Ende des 2. Jahrh.). In Verbindung mit ihm, als Prototyp aus dem Alten Testament, erscheint Moses, der das Wasser aus dem Felsen hervorspringen läßt, wie Christus das lebendige Wort Gottes (Tafel I, Fig. 3). – Von großer Mannigfaltigkeit sind die Werke der Kleinkunst, die zumeist als Gräberbeigaben in den Katakomben und in andern altchristlichen Begräbnisstätten gefunden worden sind. Es sind teils Kultusgeräte, wie z. B. die Löffel, mit denen das Abendmahl in der griechischen Kirche gereicht wurde (Tafel II, Fig. 2 u. 6), und das Gefäß, in dem der Abendmahlswein auf dem Altar aufbewahrt wurde (Tafel II, Fig. 12), zum größern Teil aber private Gebrauchs- und Schmuckgegenstände, die sowohl als Erkennungszeichen der ältesten Christen wie als Amulette zum Schutze gegen die Heiden dienten, Lampen mit dem Christusmonogramm (Abbild. s. bei »Lampen«), Glasgefäße (Tafel II, Fig. 11 u. 13, und Tafel »Glaskunstindustrie I«, Fig. 4), Elfenbeinschnitzereien, darunter auch solche für Bücherdeckel nach Art der römischen Diptycha (Tafel II, Fig. 14), silberne Löffel als Taufgeschenke (Tafel H, Fig. 9), Medaillons, geschnittene Steine und Ringe (Tafel II, Fig. 3–5, 8 u. 10), die durch Bilder Christi und der Maria, durch Symbole (Fische, Kreuz, Anker) oder durch Monogramme und Inschriften als altchristlichen Ursprungs bezeugt sind. Nachdem das Christentum unter Konstantin d. Gr. Staatsreligion geworden war, erlosch die Kunsttätigkeit für den geheimen Totenkult, und an die Stelle der Symbole trat die Darstellung der göttlichen und biblischen Personen, die zum Gegenstande des allgemeinen Kunstschaffens im Abendland wurde. Vgl. Art. »Archäologie«, S. 701, und die dort angeführte Literatur. S. auch Christliche Kunst.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Christliche Altertümer — I. Christliche Altertümer II …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Christliche Kunst — Christliche Kunst, im weitern Sinne die Kunst des spätern Römerreichs, des Mittelalters und der Neuzeit im Gegensatze zur heidnischen Kunst des klassischen und orientalischen Altertums, im engern Sinne die Kunst in Beziehung zur christlichen… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Christliche Politiker im Orient — Bis auf die Ausnahme des Staates Libanons, wo per Verfassung, das Staatsoberhaupt d. h. der libanesischer Präsident ein maronitischer Christ sein muss, gibt es keine anderen Nahoststaaten, in dem Christen verfassungsgemäß einen Anspruch auf… …   Deutsch Wikipedia

  • Christusbilder — Christusbilder, Darstellungen von Christus durch die bildende Kunst. Die frühesten C. fanden sich nach Irenäus bei den Gnostikern, die vorgaben, solche von Pilatus her nach dem Urbild zu besitzen. Wahrscheinlich war das von Kaiser Alexander… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Rom [4] — Rom (ital. Roma; hierzu der Stadtplan mit Registerblatt und Karte der Umgebung Roms), Hauptstadt der gleichnamigen Provinz (s. oben), zugleich Haupt und Residenzstadt des Königreichs Italien und Sitz des Papstes, liegt 11–85 m ü. M., unter 41°54´ …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Museo Vaticano — Karte des Vatikan: Die Vatikanischen Museen sind der L förmige Bau mittig oben, mit den drei Höfen, Haupteingang liegt in der Viale Vaticano …   Deutsch Wikipedia

  • Vatikanisches Museum — Karte des Vatikan: Die Vatikanischen Museen sind der L förmige Bau mittig oben, mit den drei Höfen, Haupteingang liegt in der Viale Vaticano …   Deutsch Wikipedia

  • Malerei — Malerei, die Kunst, mit Farben auf einer Fläche Gegenstände des menschlichen und des Naturlebens in dem Schein körperlichen Daseins zur Darstellung und Anschauung zu bringen. Es ist hierbei die ideelle, die praktische und die historische Seite zu …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Bildhauerkunst — (Bildnerei), im weitern Sinn die Kunst, aus festen Stoffen, wie Ton, Elfenbein, Stein, Erz, Holz, Menschen und Tiergestalten und andre Gegenstände körperlich nachzubilden. Nach dem dazu verwendeten Material und der Art, wie es zu Bildwerken… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Christusmonogramm — Christusmonogramm, die als Inschrift sehr häufig angewendete abgekürzte Bezeichnung des Namens Christi. Die ältesten Formen sind ein Schräg kreuz oder X (griech. chi) und die Zusammensetzung der beiden Anfangsbuchstaben des Namens: X (Ch) und P… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”