- Chlorophyll
Chlorophyll (griech., Blattgrün, Pflanzengrün), der Farbstoff, der die grüne Färbung der Gewächse bedingt. Das C. ist bei allen grünen Pflanzen, mit alleiniger Ausnahme der Cyanophyzeen, an bestimmtgeformte Körper (Chlorophyllkörper) gebunden, die in Einzahl oder zu mehreren in dem Zellenplasma liegen. Sie haben bei manchen Algen die Form von Spiralbändern, Ringen, Platten etc., bei den meisten Pflanzen aber treten sie in Gestalt linsenartig abgeplatteter, rundlicher oder eckiger Körner auf (Chlorophyllkörner, Chloroplasten). Die Chlorophyllkörper vermehren sich in den Zellen durch Teilung; in frisch ergrünenden Zellen entstehen sie durch das Auftreten des grünen Farbstoffes in bereits vorhandenen, durch Teilung sich vermehrenden protoplasmatischen Körpern (Leukoplasten). Durch Veränderung des Farbstoffes in den Chloroplasten können gelb- oder rotgefärbte Körper (Chromoplasten) in den Zellen entstehen, die bei der Färbung der Blütenblätter und der Fruchtschalen neben farbigen Zellsäften eine Rolle spielen. C. ist nur den peripherischen Schichten des protoplasmatischen Stromas des Chlorophyllkörpers eingelagert und kann durch Alkohol oder Äther ausgezogen werden, wobei das Stroma als farbloser Körper von unveränderter Form zurückbleibt. Der so im Auszug erhaltene Farbstoff wird als Rohchlorophyll bezeichnet. Beim Ausschütteln der alkoholischen Chlorophylllösung mit Benzin nimmt letzteres das grüne Reinchlorophyll auf, und im Alkohol bleibt gelbes Xanthophyll. Mit Alkohol, Äther, Chloroform gibt Reinchlorophyll grüne, prachtvoll blutrot fluoreszierende Lösungen. Spektroskopisch zeichnet es sich durch völlige Absorption der blauen und violetten Strahlen aus sowie durch das Auftreten von vier Absorptionsstreifen (einem im Rot und Grün und zwei im Gelb); über die chemische Konstitution des Chlorophylls gehen die Meinungen der Autoren weit auseinander. Von Bedeutung ist aber der Nachweis, daß C. und Blutfarbstoff (Hämoglobin) sich von derselben Muttersubstanz, dem Hämopyrrol, ableiten. Bildung neuer organischer Substanz aus den Elementen der Kohlensäure und des Wassers unter dem Einfluß des Lichts findet nur in Gegenwart von C., und zwar in den Chlorophyllkörpern selbst statt, in denen auch das erste sichtbare Produkt der Assimilation, die Stärke (Amylum), in Form kleiner Körnchen nachweisbar ist. Die Beziehungen der Chlorophyllkörper zum Lichte, die dadurch gegeben sind, zeigen sich darin, daß sie die dem Lichte leicht zugänglichen peripherischen Zellschichten des Pflanzenkörpers bevorzugen und in den innern Geweben gänzlich fehlen; ferner darin, daß sie in den Zellen mancher Pflanzen Gestalt- und Lageveränderungen ausführen, durch die der Chlorophyllapparat dem jedesmaligen Wechsel der Lichtintensität angepaßt wird. So sammeln sich in den Blättern mancher Moose bei mäßig starkem Lichte die scheibenförmigen Chloroplasten an den oberflächlichen Wänden der Zellen, so daß sie den einfallenden Lichtstrahlen die breite Fläche zuwenden; bei starker Beleuchtung aber wandern sie an die Seitenwände der Zellen, so daß nur ihr schmales Profil dem einfallenden Lichte zugekehrt ist. Das Ergrünen der Chloroplasten in jugendlichen Pflanzenteilen erfolgt meistens nur unter dem Einfluß des Lichtes. Im Dunkeln aufwachsende Pflanzenteile sind bleich wachsgelb oder weiß gefärbt, ins Licht gebracht, ergrünen sie in kurzer Zeit. Eine Ausnahme machen die Keimpflanzen der Koniferen und die Farne, die auch im Finstern ergrünen. Umgekehrt unterbleibt bei Pflanzen, die ihren Bedarf an organischer Nahrung als Schmarotzer aus andern lebenden Pflanzen oder als Fäulnisbewohner aus den Zerfallprodukten von toten Pflanzen und Tieren gewinnen, obwohl sie im Licht wachsen, die Chlorophyllbildung gänzlich oder fast gänzlich. Dahin gehören die Pilze und unter den Gefäßpflanzen einige Orchidazeen, Hydnorazeen, Rafflesiazeen, Balanophorazeen, Monotropeen und Kuskutoideen. Das Auftreten weißer Flecke oder Streifen an sonst grüngefärbten Laubblättern (panachierte Blätter) ist gleichfalls auf eine Unterdrückung der Chlorophyllbildung zurückzuführen. In krankhafter Weise bleibt bisweilen an ganzen Pflanzen oder an ganzen Sprossen derselben auch im Lichte die Ergrünung aus, wenn die Eisensalze mangeln, deren Gegenwart für die Chlorophyllbildung unerläßlich ist. Durch nachträgliche Zufuhr verdünnter Eisenlösungen wird die als Bleichsucht (Chlorose) bezeichnete Krankheitserscheinung gehoben. Bei der herbstlichen Verfärbung der dem Absterben entgegengehenden grünen Pflanzenteile, wie z. B. des Strohes der Getreide und der Blätter der Laubhölzer, verschwindet das C. aus den betreffenden Organen, während das gelbe Xanthophyll in Tropfenform zurückbleibt. Bisweilen treten dann gleichzeitig im Zellsaft rote Farbstoffe (Erythrophyll) auf. Auch die winterliche Rotfärbung der ausdauernden Blätter von Sempervivum, Sedum, Mahonia u. a. beruht auf der Bildung eines im Zellsaft gelösten roten Farbstoffes, der die unveränderten Chlorophyllkörner verdeckt. Vgl. Marchlewski, Die Chemie des Chlorophylls (Hamb. 1895).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.