- Bozen
Bozen (ital. Bolzano), Stadt in Tirol, liegt 265 m ü. M. in einem reich angebauten Talkessel (Bozener Boden), an der Mündung der Talser in den Eisack, der sich unterhalb der Stadt mit der Etsch vereinigt, an der Südbahnlinie Kufstein-Ala, von der hier die Bahnen nach Meran und Kaltern ausgehen (s. Kärtchen).
Die Straßen der ältern Stadtteile sind eng, die Häuser nach italienischer Art gebaut, vielfach mit Bogengängen versehen. Die gotische Hauptkirche (von 1400) hat einen 62 m hohen, durchbrochenen, 1519 von I. Lutz erbauten Turm; vor derselben das Denkmal Walthers von der Vogelweide (von Natter).
Bemerkenswerte Gebäude sind ferner: die Franziskanerkirche, das Merkantilgebäude, das Deutschordenshaus, das neue Rathaus. Gegen die Talser ist die Stadt durch einen Damm (die Wassermauer) geschützt, der zugleich als Promenade dient. Auch besitzt die Stadt schöne Parkanlagen und Gärten. B. zählt mit der Garnison (1900) 13,904 meist deutsche (1493 ital.) Einwohner, die regen Wein- und Obstbau, Bereitung von konservierten Früchten und Gemüsen, bedeutende Ausfuhr in diesen Produkten sowie Handel mit Getreide, Holz, Vieh, Häuten und Fellen betreiben. Die Industrie ist durch Kunstmühlen und eine Baumwollspinnerei und -Weberei vertreten. B. hat ein Obergymnasium, eine Oberrealschule, Lehrerbildungsanstalt, eine kunstgewerbliche Fachschule, eine Handelsschule, ein Museum, ein Kollegiatstift, 3 Klöster, ein Spital und eine Sparkasse; es ist Stadt mit eignem Statut u. Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Kreisgerichts und einer Handels- und Gewerbekammer. Jenseit der Talfer liegt der Kurort Gries (s.d. 1). Westlich von B. liegt die große, nach 1473 ausgebaute Burgruine Siegmundskron, nördlich im Sarntal die Burg Runkelstein (s.d.). Beliebte Sommeraufenthalte sind die Höhen nördlich der Stadt, insbes. der Ritten, ein durchschnittlich 1000 m hohes Plateau, das sich im Rittnerhorn (schöner Aussichtspunkt) bis 2261 m erhebt und bei Lengmoos merkwürdige Erdpyramiden (s.d.) trägt. Südöstlich führt von B. eine Straße durch das Eggemal über Welschnofen (797Einw.), das Karerseehotel und den Karerpaß (1742 m) nach Vigo di Fassa.
B. verdankt, wie Meran, die erste Anlage den Römern, und die Tradition bezeichnet Pons Drusi als Grundlage der Stadt B. Später erscheint B. in der langobardisch-bojoarischen Epoche als Bauzanum und ist 680 der Sitz eines bayrischen Markgrafen. Konrad II. verlieh einen Teil dieses Gaues, die Grafschaft B., 1027 dem Bischof Ulrich II. von Trient. Von da ab bildete B. den Gegenstand des Zwistes zwischen den Grafen von Tirol und den Bischöfen von Trient, bis 1531 die Landesfürsten in dessen dauernden Besitz gelangten, 1805 kam es an Bayern, 1810 aus Königreich Italien und 1814 an Österreich zurück. Vgl. Höffinger, Gries-Bozen (Innsbr. 1887); Simeoner, Die Stadt B. (Bozen 1890); Noë, B. und Umgebung (das. 1898); Erber, Burgen und Schlösser in der Umgebung von B. (Innsbr. 1896).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.