- Widerklage
Widerklage (Reconventio), diejenige Klage, die der Beklagte gegen den Kläger vor demselben Gericht und in dem nämlichen Verfahren erhebt. In diesem neuen Prozeß ist der Beklagte zugleich Kläger (Widerkläger), der Kläger aber auch Beklagter (Widerbeklagter). Nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 33) darf der Beklagte einen Anspruch bei dem Gericht der Klage widerklagend geltend machen, wenn dieser Anspruch entweder mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den dagegen vorgebrachten Verteidigungsmitteln im Zusammenhang (sogen. Konnexität) steht; sei es, daß er in Ansehung des Entstehungsgrundes, wie bei doppelseitigen Klagen, sei es, daß er durch einen Einfluß auf die rechtliche Beurteilung mit dem geklagten Anspruch oder mit den Einwendungen zusammenhängt, die der Beklagte dem Klaganspruch entgegensetzt. Die W. wird in der mündlichen Verhandlung erhoben. Dies darf nach § 280 und 282 bis zum Schluß derjenigen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, geschehen. Man spricht von einem Gerichtsstand der W. (Forum reconventionis) insofern, als die W. vor dem Gericht der Haupt- oder Vorklage erhoben werden darf, auch wenn dieses Gericht für die in der Form einer W. erhobene Klage an und für sich nicht zuständig sein würde. – Auch die deutsche Strafprozeßordnung kennt eine W. Nach § 428 darf bei wechselseitigen Beleidigungen oder Körperverletzungen, wenn der eine Teil Privatklage erhoben hat, der andre Teil bis zur Beendigung der Schlußvorträge in erster Instanz mittels W. die Bestrafung des Klägers beantragen. Er ist dazu auch noch berechtigt, wenn für ihn die sonst gesetzte dreimonatige Antragsfrist bereits abgelaufen sein sollte. Über Klage und W. ist dann gleichzeitig zu erkennen. Ist wegen der wechselseitigen Beleidigungen oder Körperverletzungen öffentliche Anklage erhoben worden, so ist eine W. ausgeschlossen. Aber auch hier soll die Erledigung, wenn irgend möglich, in demselben Verfahren erfolgen (Strafgesetzbuch, § 198, 232, Abs. 3). Vgl. Breith, Die W. nach § 428 der Reichsstrafprozeßordnung (Bresl. 1908). – Nach österreichischem Zivilprozeßrecht darf eine W. nur dann angebracht werden, wenn der dadurch geltend gemachte Anspruch mit dem der Klage im Zusammenhang steht oder sich zur Aufrechnung eignet; sie wird angebracht durch selbständige Klageschrift oder mit der Klagebeantwortungsschrift, aber auch mündlich bei der Verhandlungstagsatzung (vgl. § 96 der Jurisdiktionsnorm und § 233, 259 der Zivilprozeßordnung).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.