- Wärmeleitung
Wärmeleitung, die Fortpflanzung der Wärme in den Körpern durch Abgabe von Teilchen zu Teilchen. Unter allen Körpern leiten die Metalle die Wärme am besten; Holz, Asche, Stroh, Seide, Federn, Haare, Wolle etc., überhaupt die lockern Körper aus dem Tier- und Pflanzenreich, sind die schlechtesten Wärmeleiter; etwas besser leiten Steine, Glas, Porzellan. Wird ein Metallstab an einem Ende erwärmt, und bestimmt man die Temperatur desselben an verschiedenen Stellen durch Thermometer (t, t1, t2 etc., s. Abbild.), die in Bohrlöcher des Stabes A B eingesenkt sind, so erreicht nach einiger Zeit jedes Thermometer einen festen Stand, und es tritt sonach in der Wärmeverteilung längs des Stabes ein Gleichgewichtszustand ein, der dadurch bedingt ist, daß nun jedem Querschnitt des Stabes von der Wärmequelle ebensoviel Wärme zufließt, als er nach der andern Seite hin abgibt und durch seine Oberfläche an die kältere Umgebung fortwährend verliert. Man unterscheidet ein inneres und ein äußeres Wärmeleitungsvermögen, und versteht unter innerer Leitungsfähigkeit die Wärmemenge, die durch einen Würfel der Substanz von 1 cm Seite in der Zeiteinheit (Sekunde, Minute) hindurchgeht, wenn zwei gegenüberliegende Flächen einen Temperaturunterschied von 1° besitzen und die übrigen Flächen als für Wärme undurchlässig gedacht werden; unter äußerer Leitungsfähigkeit aber versteht man die Wärmemenge, die ein Körper bei einem Temperaturüberschuß von 1° über die Umgebung an diese durch 1 qcm seiner Oberfläche in einer Minute abgibt.
Hat der obige Metallstab das Wärmegleichgewicht oder den »stationären Zustand« erreicht, so ergibt sich, daß, wenn die Entfernungen von der Wärmequelle (L) in arithmetischer Reihe wachsen, die entsprechenden Temperaturerhöhungen in geometrischer Reihe abnehmen, ein Gesetz, das durch die krumme Linie a, a1, a2 etc., welche die Gipfelpunkte der Quecksilbersäulen der Thermometer verbindet, versinnlicht wird. Für Stäbe verschiedener Metalle von gleichen Dimensionen und gleicher Oberflächenbeschaffenheit verhalten sich die Wärmeleitungsfähigkeiten wie die Quadrate der Entfernungen von der Wärmequelle, in denen man unter sonst gleichen Umständen gleiche Temperaturüberschüsse beobachtet. Die Wärmemenge, gemessen in kleinen (Gramm-) Kalorien, die durch eine ebene Platte von 1 cm Dicke, deren beide Seiten um 1° verschiedene Temperatur haben, pro Quadratzentimeter und Sekunde hindurchgeht, beträgt für:
Die verschiedene Wärmeleitungsfähigkeit der Körper wird vielfach praktisch verwertet. Metallene Teekannen, Ofentüren und Schürhaken erhalten hölzerne Griffe; Bäume und Sträucher umwickelt man im Winter mit Stroh, um sie vor dem Erfrieren zu schützen. Anderseits verhindert man durch schlechte Wärmeleiter das Eindringen der äußern Wärme in die Eiskeller. Feuersichere Geldschränke enthalten zwischen ihren Doppelwänden Asche, die den Zutritt der Hitze verzögert. In einem kalten Zimmer fühlt sich die metallene Türklinke kälter an als der Tischteppich, obgleich beide die nämliche Temperatur haben, weil das Metall die Wärme unsrer Hand rascher fortleitet und daher der Hand mehr Wärme entzieht als das schlecht leitende Gewebe. Hält man ein seines Drahtgewebe in eine Gasflamme, so erscheint dieselbe wie abgeschnitten; die metallenen Fäden leiten nämlich die Wärme so rasch ab, daß die Flammengase unter ihre Entzündungstemperatur abgekühlt werden. Läßt man das Gas, ohne es anzuzünden, aus dem Brenner strömen und hält das Drahtnetz in den Gasstrom, so kann man letztern oberhalb des Netzes anzünden, ohne daß sich die Entzündung unter das Netz fortpflanzt. Auf, diesem Verhalten beruht die Davysche Sicherheitslampe (s. d.). Flüssigkeiten sind schlechte Wärmeleiter; in ihnen verbreitet sich die Wärme vorzugsweise durch Strömungen (Konvektion), die dadurch entstehen, daß beim Erwärmen von unten die durch Ausdehnung spezifisch leichter gewordenen Flüssigkeitsteilchen nach oben steigen und durch die herabsinkenden kältern Teilchen ersetzt werden; durch diesen Kreislauf wird die Erwärmung einer Flüssigkeit ungemein befördert. Erwärmt man dagegen von oben, so verbreitet sich die Wärme vermöge der schlechten Leitungsfähigkeit nur sehr langsam nach unten (s. Wasser, S. 402). Gase leiten die Wärme ebenfalls sehr schlecht; ruhende Luftschichten, wie z. B. die zwischen Doppelfenstern eingeschlossene Luftschicht, sind sehr geeignet, die Fortleitung der Wärme zu verhindern. Unsre Kleider verdanken ihre »warm haltende« Eigenschaft vorzugsweise der in ihren Zwischenräumen festgehaltenen, schlecht leitenden Luft. Dampfleitungen werden durch Asbest, Schlackenwolle, Seideabfälle und ähnliche Wärmeschutzmassen gegen starke Wärmeverluste gesichert. Ausgezeichneten Wärmeschutz bietet das Vakuum. Hierauf beruht die Einrichtung der Dewarschen Flaschen zur Aufbewahrung von flüssiger Luft, ferner die der Thermosflaschen zum Warmhalten von Milch, Kalthalten von Eis etc.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.