- Venus [1]
Venus (d. h. »die Liebliche, Freundliche«), ursprünglich eine latinische Göttin der Gärten, Gemüse, Weinpflanzungen, deren auf den Reiz der Vegetation bezüglicher Name Veranlassung gab, mit ihr die griechische Schönheits- und Liebesgöttin Aphrodite gleichzusetzen. So wurde der Kult der Aphrodite vom Berg Eryx in Sizilien 217 auf Geheiß der Sibyllinischen Bücher in Rom als der der V. Erucina eingeführt und auf die italische Göttin Wesen und Mythus der griechischen völlig übertragen. Spätere Gelehrsamkeit sah in ihr auch eine alte Göttin Murcia infolge der willkürlichen Deutung dieses Namens als Myrtea, da die Myrte der Aphrodite heilig war. Über ihre Verschmelzung mit der Todesgöttin Libitina s. d. Als V. felix (Glückbringerin) erscheint sie vielfach mit Felicitas verbunden, so in ihrer wahrscheinlich auf griechischen Einfluß zurückgehenden Auffassung als Siegverleiherin (victrix). Ganz besondere Bedeutung erhielt sie als V. genitrix, d. h. als Stammutter des Geschlechts der Julier, das seine Abstammung von ihrem Enkel Julius, dem Sohne des Äneas (s. d.), herleitete; in dem ihr als solcher von Cäsar auf dem Forum Juliun 46 v. Chr. erbauten Tempel wurde sie neben Mars, dem Vater des Stadtgründers Romulus, als Gemahlin verehrt, ebenso in dem von Augustus errichteten Tempel des Mars Ultor und im Pantheon. Nebst der Roma (s. d.) war V. der von Hadrian 135 n. Chr. vollendete, in Ruinen noch vorhandene Doppeltempel in der Nähe des Kolosseums (später templum Urbis genannt; s. Tafel »Architektur IV«, Fig. 17 u. 18) geweiht. Als Verticordia (Wenderin der weiblichen Herzen zu Zucht und Sitte) begingen ihr die römischen Matronen den 1. April als Festtag. Auch in Kampanien stand der Kult der V. in hohem Ansehen. Über die künstlerischen Darstellungen s. Aphrodite. S. auch Venusberg.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.