- Staubgefäße
Staubgefäße (Stamina, Pollen- oder Staubblätter), die den Blütenstaub erzeugenden Blattorgane in den Blüten der Phanerogamen. Sie bilden in wechselnder Zahl und Stellung den männlichen Geschlechtsapparat (Andröceum) der Blüte. Bei den Gymnospermen sind die S. schildförmige Schuppen, die auf der Unterseite mehrere sackförmige Pollenbehälter (Pollensäcke) tragen. An den Staubgefäßen der Angiospermen kann man in der Regel einen dem Blattstiel entsprechenden stab- oder fadenförmigen Träger (Staubfaden, Filement) und ein der Blattspreite entsprechendes Zwischenband (Konnektiv, connectivum) mit randständigen Pollensäcken unterscheiden. Das Konnektiv mitsamt den Pollensäcken bildet den Staubbeutel (Anthere). Gewöhnlich sind in jeder Antherenhälfte zwei Pollensäcke (Lokulamente) enthalten (Fig. 4), die bei der Pollenreise sich zu einem einzigen Pollenfach (Theke) vereinigen. Neben den zweifächerigen (dithecischen) Antheren kommen aber in einzelnen Fällen auch einfächerige (monothecische) Antheren vor, in denen zwei Pollensäcke ein einziges Pollensach bilden. Den Inhalt der Pollenfächer bildet der in den Pollensäcken entstehende Blütenstaub oder Pollen (s. d.), der bei der Reise meist als ein staubfeines Pulver aus der durch Längs- oder Querrisse oder durch bestimmt gestaltete Poren sich öffnenden Anthere entlassen wird. Die Eröffnung der reisen Pollenbehälter erfolgt mechanisch durch ungleiche Schrumpfung einer Zellschicht der Antherenwand; bei den Gymnospermen liegt diese mechanisch wirksame, durch besondere Wandverdickungen ausgezeichnete Zellschicht (fibröse Schicht) oberflächlich (Exothecium), während bei den Angiospermen eine unterhalb der Oberhaut gelegene Schicht (Endothecium) den Öffnungsmechanismus bildet. Je nachdem die Öffnung der Pollenbehälter dem Zentrum der Blüte zugekehrt oder von demselben abgewendet ist, unterscheidet man innenwendige (introrse) und außenwendige (extrorse) S. Bisweilen sind die Pollenfächer unregelmäßig gewunden (Fig. 2). Das Konnektiv, das entweder an seinem Grunde (basifix) oder am Rücken (dorsifix) mit dem Filement verbunden ist, trägt bisweilen besondere Anhängsel (Fig. 5), ausnahmsweise ist es als Querbalken ausgebildet, der an seinen Enden je eine Antherenhälfte trägt (Fig. 6). Nach ihrer Stellung in der Blüte unterscheidet man bei vielen Angiospermen die Kelchstaubfäden (Kelchstamina), die vor den Kelchblättern (episepal), und die Kronstaubfäden (Kronstamina), die vor den Kronblättern (epipetal) stehen. Häufig kommen Verwachsungen der S. vor. Wenn die S. einer Blüte in ein, zwei oder viele Bündel vereinigt sind, werden sie als ein-, zwei- oder vielbrüderig bezeichnet (Fig. 1, 2 u. 3).
Fig. 1–8. Staubgefäße etc. 1. Einfache Staubgefäßröhre der Malve. 2. Vielbrüderige Staubgefäße. 3. Zweibrüderige Staubgefäße einer Schmetterlingsblüte. 4. Durchschnitt eines Staubbeutels. 5. Staubgefäß mit Konnektivfortsatz. 6. Staubgefäß mit balkenartigem Konnektiv. 7. Staubgefäß mit unregelmäßig gewundenen Fächern. 8. Verwachsene Staubbeutel. a Antherenröhre, durch die der Griffel hindurchgeht; b die Antherenröhre geöffnet.Auch die Staubbeutel können unter sich an freien Filamenten zu einer Röhre vereinigt sein, wie bei den Kompositen (Synantheren, Verwachsenbeutelige, Fig. 8 a u. b). Unvollkommen entwickelte S., von denen nur das Filament sich entwickelt oder doch die in der Anlage vorhandene Anthere unfruchtbar bleibt, werden als Staminodien bezeichnet. Über die Biologie der S. s. Blütenbestäubung und Schutzeinrichtungen der Pflanzen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.