- Stammfrüchtler
Stammfrüchtler (stammfrüchtige Pflanzen, Kaulifloren, hierzu Tafel »Stammfrüchtler« mit Text), Holzgewächse, bei denen die Blüten und Früchte nicht an den jüngsten Trieben der Laubkrone, sondern an den bereits verholzten Teilen des Stammes und der Hauptachsen seines Verzweigungssystems auftreten. Die Erscheinung ist darauf zurückzuführen, daß in den ältern Achsenteilen schlafende Augen eingeschlossen sind, die erst nachträglich zur Entwickelung gelangen und direkt zur Blütenbildung schreiten oder ein kurzgliederiges Verzweigungssystem aus sich hervorgehen lassen, dessen Abkömmlinge für alle folgenden Vegetationsperioden neue Blütenanlagen liefern. Durch Entgipfelung des Hauptsprosses ist es in einigen Fällen gelungen, die Blütentriebe des alten Holzes in Laubtriebe auswachsen zu lassen. Da biologische Bedeutung der als Kauliflorie bezeichneten Erscheinung ist bis jetzt nicht völlig klargelegt; man sieht in der Kauliflorie einen Ausdruck der Arbeitsteilung, die dem jüngern Triebe die Ausbildung des Assimilationsapparates überläßt, während die Erzeugung der Fortpflanzungsorgane den ältern Teilen der Pflanze vorbehalten bleibt. Anderseits hat man einen Nutzen der Kauliflorie darin erblicken wollen, daß den stammbürtigen Blüten und Früchten die im Speichergewebe des alten Holzes aufgesammelten organischen Nährstoffe viel unmittelbarer zugänglich sind, als es an den letztjährigen Trieben der Fall sein würde. Auch der größere Schutz gegen Wind und Regen, den die stammständigen Blüten und die zum Teil sehr großen und schweren Früchte, die aus ihnen hervorgehen, unterhalb der Laubkrone genießen, ist als biologische Erklärung herangezogen worden. Weiteres s. im Text zu beifolgender Tafel. Vgl. Esser, Die Entstehung der Blüten am alten Holz (»Verhandlungen des Naturhistorischen Vereins der preußischen Rheinlande«, Bonn 1887); Huth, Über stammfrüchtige Pflanzen (Berl. 1888); Buscalioni, Sulla caulifloria (»Malpighia«, Bd. 18, Genua 1904).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.