- Seekarten
Seekarten (hierzu Tafel »Seekartendarstellung«), Darstellungen von Meeren oder ihren Teilen mit oder ohne die angrenzenden Küsten, den darin liegenden Inseln, Felsen, Bänken, Untiefen, Strömungen, Leuchttürmen, künstlichen und natürlichen Landmarken, Tonnen, Baken und andern Seezeichen, Himmels- oder Kompaßrichtungen und allen sonstigen für die Navigierung eines Schiffes wichtigen Angaben. Die Meerestiefen sind durch arabische Ziffern in Metern oder Füßen und Faden (zu 6 Fuß) angegeben. An den Küsten und auf flacherm Wasser sind, um die Tiefenverhältnisse mehr in die Augen springen zu lassen, gleiche Tiefen (von 2, 4, 6, 10, 20, 50, 100 m) durch verschieden aus Strichen und Punkten zusammengesetzte Linien miteinander verbunden, oder die Tiefenabstufungen sind durch verschiedene Schraffierung oder verschiedenen Farbenton dargestellt. Die Beschaffenheit des Meeresbodens wird durch bestimmte Abkürzungen bezeichnet (f. gr. Sd. m. M., feiner grauer Sand mit Muscheln). Von den Küsten sind die genauen Umrisse und die Höhenverhältnisse gegeben; ebenso die Höhen der Leuchttürme und andrer wichtiger Orientierungsmarken. Tiefen- und Höhenangaben sind auf einen bestimmten Wasserstand bezogen (mittlern oder niedrigsten Wasserstand). Auch die Leuchtfeuer werden verzeichnet (s. Art. »Küstenbeleuchtung«, »Feuerschiff«, »Baken« und im allgemeinen »Seezeichen«). Pfeile, die mit dem Strome schwimmen, geben die Richtung der Strömungen, kleine Zahlen daneben die Geschwindigkeit, Anker die Ankerplätze an, römische Zahlen an einzelnen Küstenpunkten die Hafenzeit, d. h. die Zeit des Hochwassers an den Neu- und Vollmondstagen. Au verschiedenen Stellen der Karte eingezeichnete Kompaßrosen lassen die Himmels- und Kompaßrichtungen ablesen; je nachdem diese Kompaßrosen rechtweisend sind, d. h. die Nord-Südlinie derselben mit den geographischen und den Meridianen der Karte parallel läuft oder in die Richtung des magnetischen Meridians fällt, unterscheidet man rechtweisende und mißweisende S. Die für die Darstellung der S. gebräuchlichste Projektion ist die Mercatorsche. Sie bietet für die Schiffahrt den Vorteil, daß der Weg des Schiffes, solange es seinen Kurs nicht ändert, auf diesen Karten eine gerade Linie bildet. Man unterscheidet: Übersichts- oder Generalkarten, Segelkarten, Küstenkarten, Spezialkarten, Hafenpläne. S., auf denen der tägliche Weg des Schiffes aufgetragen und dadurch die Stelle bestimmt wird, auf der es sich eben befindet, heißen Paßkarten.
Die beigefügte Tafel enthält Teile von drei verschiedenen S.: einer Spezialkarte (I. Ausschnitt aus der deutschen Admiralitätskarte »Helgoland«), einer Küstenkarte (II. Ausschnitt aus der Admiralitätskarte »Stettiner Haff«) und einer Segelkarte (III. Ausschnitt aus der Admiralitätskarte »Die Nordsee«). Zu Kärtchen I (Helgoland): Auf der Insel sind die beiden Leuchtfeuer farbig gekennzeichnet; auf dem Oberland der Leuchtturm mit einem weißen elektrischen Blitzfeuer (durch den gelben Ring angedeutet), das 82 m über der Hochwasserlinie sich befindet und 23 Seemeilen weit sichtbar ist; diese Angaben stehen abgekürzt daneben. Das Helgoländer Blitzfeuer wirft alle 5 Sekunden wiederkehrende Lichtblitze von 0,1 Sekunden Dauer und entwickelt eine Lichtstärke von 42 Mill. Hefner Kerzen. Das auf dem Unterland südlich der Marinemole 6,8 m über Hochwasser befindliche rote und weiße Feuer (F. r. u. w.) ist nur ein kleineres, sogen. Leitfeuer für die Einsteuerung in den Hafen. Sein rotes Licht ist 5,5, sein weißes 7 Seemeilen weit sichtbar, und zwar (dies bedeuten die farbigen Sektoren) ist das Leitfeuer sichtbar als rotes in den Peilungen rechtweisend (rw.) 280° bis rw. 302,5°, als weißes von rw. 302,5° bis 309,5°, als rotes von 309,5° bis rw. 343°; die Peilungen sind vom Beobachter aus, also von See aus, zu verstehen und zwar in rechtweisenden (rw.) Kompaßangaben von 0° bis 360°. Die Wassertiefen und ihre Abstufungen rund um die Insel herum treten durch die verschiedenen Schraffierungen hervor; innerhalb derselben sind die Tiefen noch durch Zahlen angegeben (08 heißt 0,8 m). Die an der Ost- und Südseite der Insel ausliegenden Tonnen, nämlich 6 weißgemalte Festmachetonnen und 2 grüne Telegraphentonnen (T-Tn) zur Bezeichnung der Lage des Telegraphenkabels, sind nach den Zeichnungen gut kenntlich. Die übrigen auf der Karte gebrauchten Abkürzungen sind leicht verständlich (N. S = Nebelsignal, Bk = Bake, M-Sgn-S = Marinesignalstation, Sem-Tel-A = Semaphortelegraphenamt, Eis-S = Eissignal, Fnk-T-S = Funkentelegraphenstation, R. S = Rettungsstation). Ausschnitt II stellt die Einfahrt nach Swinemünde dar. Die Tiefen sind in derselben Weise wie auf I bezeichnet, ebenso die Leuchtfeuer (verschiedene weiße, rote und grüne). Nur ein Teil der auf der Karte eingezeichneten Kompaßrose fällt links oben auf den Ausschnitt. In der Einfahrt sind die Einsegelungstonnen A bis J ihrer Gestalt nach zu erkennen, vor der Einfahrt liegt eine schwarz-rote (s. r.) Glockentonne. Auf Ausschnitt III ist Kap Skagen enthalten. Westlich von diesem Kap sind die 10-, 20-, 50- und 100 m-Tiefenlinien eingetragen. Dem Leuchtturm von Skagen gegenüber liegt eine rote spitze Tonne und das Feuerschiff (ein kleines Schiff dient als Signatur); die Bezeichnung »Blk. F. r. N. S (Sir.) 11 Sm« bei demselben bedeutet »rotes Blinkfeuer, 11 Seemeilen sichtbar, Nebelsignal (Sirene)«. Weitere Abkürzungen bedeuten: südlich von Skagen W-Sem = Windsemaphor, Strm-S = Sturmsignal, L-S = Lloydsignalstation; bei Hirshals Mi = Mischfeuer, bei Rubjergknude Blz und Blz-Grp = Blitz- und Blitzgruppenfeuer. Die nähere Charakteristik aller dieser Leuchtfeuerangaben findet der Seemann in den amtlichen Verzeichnissen der Leuchtfeuer. Die um die Leuchtfeuer als Mittelpunkt gezogenen Kreisbogen geben die Sichtbarkeitsgrenze derselben an. Der freie Platz innerhalb des Festlandes ist für Ansichten (Vertonungen) von hervorragenden Landmarken, wie sie sich von See aus zeigen, benutzt worden, und zwar des Skagen-Leuchtturms (von Nordosten nach Südwesten gesehen) des Hirshals-Leuchtturms (von Nordwesten nach Südosten) und des Hanstholm-Leuchtturms (aus der Richtung WNW. 1/2 W. nach OSO. 1/2 O. gesehen). – Von den S. in älterer Zeit ist wenig Bestimmtes bekannt. Die ältesten S. lieferten Marino Sanuto (1306–24) und Pedro Vesconte (1318). Im Mittelalter herrschten die sogen. Kompaßkarten vor, die ein System von rein zeichnerischen Hilfslinien und einen Kranz von Strichrosen enthielten, aber keine Projektion des Koordinatensystems. Diese Karten waren noch sehr lücken- und mangelhaft; einen bedeutenden Fortschritt bildete die Einführung der Mercatorprojektion. – Verzeichnisse von Seekarten: »Admiralty Catalogue of charts, plans and sailing directions« (London); die englische Admiralität hat die weitaus meisten Seekarten, über 4000, herausgegeben; »Deutsche Admiralitätskarten und Segelhandbücher, herausgegeben von der Nautischen Abteilung des Reichsmarineamts« (Berlin).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.