- Salzpflanzen
Salzpflanzen (Halophyten), biologische Pflanzengesellschaft, die an das reichliche Vorhandensein bestimmter Nährsalze, wie Chlornatrium, Calciumsulfat, Magnesiasalze u.a., im Boden gebunden ist. Sie treten außer an salzhaltigen Küsten und zerstreuten Stellen des Binnenlandes vorzugsweise aber im Tiefland Australiens, in den Pampas Südamerikas, im Innern von Nordamerika, in Südafrika, in Zentralasien, in Spanien, Ungarn und Südostrußland auf. Meist zeigen sie fleischige Blätter und Stengel, mehr oder weniger reduzierte Oberfläche des Vegetationskörpers, geringe Verholzung und niederliegenden Wuchs. Verhältnismäßig wenige Pflanzenfamilien (wie die Chenopodiazeen, Aizoazeen, Plumbaginazeen, Portulakazeen, Tamarikazeen, Frankeniazeen, Rhizophorazeen und Zygophyllazeen) bestehen fast ganz oder überwiegend aus salzliebenden Arten, während diese in andern Familien nur vereinzelt vorkommen. Als ein ausgezeichneter Verband von Halophyten begegnen in den Tropen an sumpfigen, brandungsfreien Meeresküsten die Mangrovewälder, an deren Zusammensetzung besonders Arten von Rhizophora, Avicennia, Bruguiera, Sonneratia u.a. beteiligt sind. In Ostasien und Australien schließen sich an die Mangrovesümpfe auf trockenerm Boden die von der Palme Nipa fruticans gebildeten Vereine (Nipaformation), deren sehr kurze, gedrängt wachsende Stämme einen Riesenschopf mächtiger, gefiederter Blätter tragen. Am tropischen Sandstrande, z. B. des südlichen Java sowie der Küste von St. Katharina in Brasilien, erscheint die Peskaprä-Formation, in der die weithin kriechenden, großblätterigen, fleischigen Sprosse der Konvolvulazee Ipomoea pes caprae mit großen roten Blüten am meisten in die Augen fallen; manche Strandgräser der Tropen, wie Spinifex squarrosus, erinnern durch die Art ihrer Rhizombildung an unsre einheimischen Dünengräser. Am nordischen Strande wird die äußerste Zone der Landvegetation im Wattengebiet von der Chenopodiazee Salicornia herbacea gebildet, die mit ihren blattlosen, fleischigen Stengeln als ein ausgeprägter Xerophyt erscheint. Zwischen den dichten Beständen dieser Pflanze schlägt sich während der Flutzeit der Schlick nieder, der nach seiner Austrocknung im Laufe der Jahre das Land vergrößert und den Boden für den Verein der Strandwiesen (mit Glyceria maritima, Triglochin maritimum, Suaeda maritima, Spergularia marina, Aster Tripolium, Glaux maritima und andre Halophyten) herstellt. Bei weiterer Entwickelung wird die Glyceria-Formation unterdrückt, und es entstehen Strandwiesen mit Juncus Gerardi, Trifolium fragiferum, Artemisia maritima, Euphrasia Odontites u.a., deren Wurzelreste eine ziemlich dicke Humusschicht erzeugen. Aus den Strandwiesen gehen dann bei künstlicher Eindeichung und allmählichem Auswaschen der Salze die Marschwiesen hervor. An den Küsten des Mittelmeeres pflegen strauchartige Chenopodiazeen (Lagunengebüsche), zumal auf Tonboden, vorzuherrschen; eine ähnliche Strandvegetation besiedelt auch die Lagunen des Karibischen Meeres. Im Innern der Kontinente, wie in Zentralasien und auf dem Hochplateau Nordamerikas westlich vom Felsengebirge, entwickeln sich die Halophyten zu Salzsteppen mit vorwiegenden Chenopodiazeen und Salzwüsten, in denen der Boden, wie z. B. in der großen persischen Wüste, mit fußdicken Schichten auskristallisierter Salze bedeckt ist und der Pflanzenwuchs fast ganz unterdrückt wird. In Zentralasien erinnern die Saksaulwälder (mit der Chenopodiazee Haloxylon Ammodendron) an die schattenlosen Kasuarinenwälder Australiens. Von den 54 in Deutschland wachsenden S. sind 26 an die Meeresküsten gebunden, die übrigen treten auch im nord- und mitteldeutschen Binnenland zerstreut auf, wo Wasserläufe und Quellen aus tiefer liegenden salzhaltigen Schichten Chlornatrium, Magnesiasalze, Natriumsulfat u.a. auslaugen, soz. B. in der Provinz Brandenburg bei Nauen, in der Provinz Sachsen bei Salzwedel, Salze und Staßfurt, am ehemaligen Salzigen See im Flußgebiete der Salza etc. Bei Wieliczka in Galizien wie in der Nähe der alpinen Steinsalzlager (Reichenhall, Berchtesgaden, Hall in Nordtirol, Bex im Waadt) und überhaupt da, wo die obern Bodenschichten von Kochsalz frei sind, fehlt die Salzflora. Auch besitzen die Solquellen, Salzbäche und salzigen Seen des norddeutschen Binnenlandes einen größern Reichtum an ozeanischen Diatomeen als die Alpengegenden. Endlich gibt es eine Reihe entschieden halophytischer, nicht am Strande vorkommender Gewächse, wie Artemisia rupestris und A. laciniata, die große Strecken am Bernburger Moor bei Rathmannsdorf und Güsten überziehen, außerdem aber nur noch von Artern in Thüringen und von der baltischen Insel Ösel bekannt sind und ihr Hauptverbreitungsgebiet in Sibirien haben; eine dritte Art (Artemisia maritima) bewohnt die ganze Meeresküste und Thüringen. Zur Erklärung der eigentümlichen pflanzengeographischen Verhältnisse der Halophyten muß man annehmen, daß in einer bestimmten Periode der Nacheiszeit das norddeutsche Flachland wenigstens stellenweise Steppencharakter besessen hat. Da nun viele S. gleich den sogen. Steppenpflanzen ihr Hauptverbreitungsgebiet im Steppengebiet Asiens haben, so ist wohl auch die Salzsteppenflora gleich den übrigen Elementen gleichen Ursprungs während der nacheiszeitlichen Trockenperiode in Deutschland eingewandert und hat sich hier noch in Resten teils an der Meeresküste, teils an salzhaltigen Stellen des Binnenlandes erhalten.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.