- Saint Louis
Saint Louis (spr. ßent lūis oder lūi), die größte und wichtigste Stadt des nordamerikan. Staates Missouri, der Bevölkerungsziffer sowie der wirtschaftlichen Bedeutung nach die vierte Stadt der Union, unter 38°37´ nördl. Br., am rechten Ufer des Mississippi, 1995 km von dessen Mündung, 293 km oberhalb der Mündung des Ohio und 32 km unterhalb der Mündung des Missouri, steigt vom Fluß in drei Terrassen 60 m auf und ist durchaus regelmäßig mit sich rechtwinklig schneidenden Straßen gebaut (s. den Plan, S. 442). Die Stadt wird in eine nördliche und in eine südliche Hälfte geteilt durch das Tal des (jetzt ausgefüllten) Mill Creek, das von sieben Brücken überspannt wird. Broadway oder Fifth Street ist die Hauptstraße für den Ladenverkehr, Fourth Street für Banken, Olive Street für den Kleinhandel, Washington Avenue für den Großhandel, Third Street für Versicherungsgesellschaften und First oder Main und Secondstreet am Fluß für Kommissionshäuser. Die hervorragendsten Gebäude, meist in klassischem Stil oder französischer Renaissance ausgeführt, sind der Gerichtshof mit 90 m hoher Kuppel, die Börse mit 67 m langem Saal, die Baumwollbörse, das neue Stadthaus, die Four Courts mit Gefängnis, das Post-, Zoll- und Schatzamt, die Handelskammer, das als Ausstellungspalast und Versammlungs- und Konzerthaus dienende Coliseum (15,000 Plätze), die katholische und die prot. Kathedrale, Redemptoristenkirche, 2 presbyterianische Kirchen, die kongregationale Kirche, der jüdische Tempel und der Tempel Israel.
S. hat zahlreiche Parke, darunter den zierlichen Lafayette Park (12 Hektar), mit Standbild Washingtons, Tower Grove Park (112 Hektar), mit Statuen von Kolumbus, A. v. Humboldt u.a., Shaws botanischen Garten (40 Hektar, mit schönem Arboretum), den Nordpark (73 Hektar) und den mit der Stadt durch den 58 m breiten Lindell Boulevard verbundenen gewaltigen Forest Park (548 Hektar), auf dessen Gelände 1904 die Weltausstellung (Louisiana Purchase Exposition) von S. stattfand, Carondelet Park (73 Hektar), O'Fallon Park (63 Hektar); neben letzterm der schöne Friedhof von Belle Fontaine (140 Hektar) und der Calvary Cemetery. Die Fair Grounds im N. der Stadt umfassen auf 56 Hektar einen Zirkus, Rennbahn etc.; hier versammeln sich am »Big Thursday« der Meßwoche oft 125–150,000 Menschen. Die großartige Washingtonbrücke, 1869–74 von Heinrich Flad und B. Cads erbaut, führt über den Mississippi nach East St. Louis. Sie ist 680 m lang, hat drei Bogen (der mittlere 158, die beiden andern 153 m weit) aus Gußstahl, die auf steinernen Pfeilern ruhen und sich 16,7 m über das Wasser erheben, zwei Stockwerke, das untere für die Eisenbahn, das obere für den Fahr- und Fußverkehr. Eine zweite Eisenbahnbrücke aus Stahl, mit 153 m Spannweite, 1889–90 erbaut, liegt 5 km weiter stromauf. Die Zahl der Einwohner betrug 1799 erst 925, 1830: 5864, 1860: 185,587 und 1900 (mit der Vorstadt Carondelet): 575,238, darunter 58,781 in Deutschland Geborne und 35,516 Farbige. Von den zahlreichen mildtätigen Anstalten (2 Irrenhäuser, 3 große Hospitäler, Blinden- und Taubstummenanstalten, Armenhäuser etc.) stehen viele, ebenso wie auch zahlreiche Schulen unter Leitung von Nonnen und Jesuiten, wie denn S. einer der Hauptsitze des Katholizismus in Amerika ist. An höhern Lehranstalten sind zu erwähnen: die von Jesuiten geleitete St. Louis-Universität (1829 gegründet), mit Bibliothek von 43,000 Bänden, Museum und 178 Dozenten und 1086 Studierenden, die Washington-Universität (1853 gegründet), die außer den gewöhnlichen Fächern auch die schönen Künste, eine Handarbeitsschule sowie Elementarschulen für Knaben und Mädchen umfaßt, mit 209 Dozenten, 2266 Hörern und 28,000 Bibliothekbänden, das katholische College of the Christian Brothers, das deutsch-lutherische Concordia College, das St. Louis Medical College, die städtische High School (Realgymnasium). Unter den gelehrten Gesellschaften nehmen die Akademie der Wissenschaften (1856 gegründet) und die Missouri Historical Society (seit 1865) den vornehmsten Rang ein. Unter den Bibliotheken sind die Mercantile Library (120,000 Bände und beachtenswerte Kunstsammlungen), die Public School Library (65,000 Bände) und die städtische Bibliothek (163,000 Bände) die wichtigsten; das Museum of Fine Arts enthält umfangreiche Sammlungen und Gemälde. Ein Verein für Landwirtschaft und Gewerbe besitzt großartige Ausstellungsräume dicht bei S. Für öffentliche Unterhaltung sorgen acht größere Theater, darunter ein deutsches, und reich ausgestattete Klubs, von denen University, Mercantile, der deutsche Liederkranz und Germania die vornehmsten sind. Als Industriestadt steht S. innerhalb der Union nur hinter New York, Chicago und Philadelphia, es förderte 1900 in 6732 Betrieben mit 82,672 Arbeitern für 233,629,733 Doll. Waren. Am hervorragendsten sind Tabakverarbeitung (354 Fabriken, 4369 Arbeiter, 26,066,670 Doll.), Versandschlächterei (12,267,532 Doll.), Brauerei (11,673,599 Doll.), Maschinenbau und Gießerei (11,628,140 Doll.), Schuhfabrikation (8,286,156 Doll.), Kleiderfabrikation, Wagen- und Eisenbahnwaggonbau, Müllerei, Kaffeerösterei. Hausratfabrikation etc. Die sehr günstige geographische Lage der Stadt unweit des Zusammenflusses des Missouri, Mississippi und Ohio und an 36 Bahnlinien, die mit Ausnahme weniger Lokalbahnen im Mittelpunkt der Stadt zusammenlaufen, hat sie zum Stapelplatz des Westens gemacht. Der Güterverkehr betrug 1904 insgesamt 37,4 Mill. Ton., der Stromverkehr ohne den Fährverkehr (6,1 Mill. T.) aber nur 378,000 T., die Getreidezufuhr 1903: 23,8 Mill. hl, der Rinderauftrieb 1,26 Mill., der Schweineauftrieb 2,4 Mill. Berühmt ist der Maultiermarkt, bedeutend auch der Handel mit Fleisch, Wolle, Baumwolle, Drogen, Pelzwerk u. dgl. Die Reederei zählte 1891: 214 Fahrzeuge von 130,000 T., 1904 aber nur noch 115 Fahrzeuge von 25,849 T. Den innern Verkehr vermitteln 635 km elektrische und Kabelbahnen. Die 13 Getreideelevatoren fassen über 12 Mill. Bushels Weizen. S. ist Sitz eines deutschen Berufskonsuls, von 13 Staats-, 6 National- und 4 Sparbanken. Das steuerbare Eigentum der Stadt bewertet sich auf 466,210,650, die Schuld auf 23,539,278 Doll. Auf dem gegenüberliegenden Ufer des Mississippi in Illinois liegt East St. Louis (s. d.). – An der Stelle des heutigen S. wurde 15. Febr. 1764 von dem Franzosen Pierre Lacléde die erste Blockhütte erbaut, um die dann mehrere kleine Gebäude entstanden; der Ort erhielt zu Ehren des Königs Ludwig XV. seinen Namen, blieb aber lange Zeit ein isolierter französischer Handelsposten. 1768 wurde der Ort mit dem übrigen Louisiana, wozu damals Missouri gehörte, den Spaniern überlassen. 1800 kam dies Gebiet wieder an Frankreich zurück, wurde aber 1803 von Bonaparte an die Vereinigten Staaten abgetreten. Seitdem hat die 1822 zur City erhobene Stadt einen gewaltigen Aufschwung genommen. Vgl. Scharf, History of S. city and county (Philad. 1883, 3 Bde.).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.