Sühneverfahren

Sühneverfahren

Sühneverfahren heißt das gerichtliche Verfahren zum Zwecke der gütlichen Beilegung eines Rechtsstreites. Nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§296) kann das Gericht in jeder Lage eines Rechtsstreites die gütliche Beilegung desselben oder einzelner Streitpunkte versuchen oder die Parteien zum Zwecke des Sühneversuchs vor einen beauftragten oder ersuchten Richter verweisen. Auch darf zum Zwecke des Sühneversuchs das persönliche Erscheinen der Parteien vor Gericht angeordnet werden. In Ehesachen muß dem Verfahren vor dem Landgericht nach § 608 ff. in der Regel ein Sühnetermin vor dem Amtsgericht vorhergehen. Die Parteien müssen darin persönlich erscheinen. In Sachen, die vor das Amtsgericht gehören, kann nach § 510 der Kläger zunächst seinen Gegner zum Zweck eines Sühneversuchs vor dieses Gericht laden lassen. Kommt hier ein Vergleich nicht zustande, so wird auf Antrag beider Parteien sofort zur Verhandlung des Rechtsstreites geschritten und erfolgt die Klageerhebung durch den mündlichen Vortrag der Klage. Bei einfachen Beleidigungen ist nach der deutschen Strafprozeßordnung (§ 420) die Erhebung der Klage erst dann zulässig, wenn vor der zuständigen Vergleichsbehörde die Sühne fruchtlos versucht worden ist. Hierüber hat der Kläger mit der Klage eine Bescheinigung einzureichen. Die Vergleichsbehörde ist in den meisten deutschen Staaten der manchmal auch Friedensrichter genannte Schiedsmann (s. d.), der die gütliche Beilegung von privatrechtlichen Streitigkeiten gleichfalls versuchen darf. Auch nach der österreichischen Zivilprozeßordnung (§ 204) kann das Gericht bei jeder mündlichen Verhandlung eine gütliche Beilegung des Rechtsstreites oder die Herbeiführung eines Vergleichs über einzelne Streitpunkte versuchen und die Parteien im Falle ihrer Zustimmung vor einen beauftragten oder ersuchten Richter verweisen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Sühneverfahren — Das Sühneverfahren ist nach deutschem Strafprozessrecht ein vorgerichtiches Verfahren, das bei bestimmten Straftaten durchgeführt werden muss, bevor durch den Verletzten sog. Privatklage vor den Strafrichter erhoben werden kann. Dabei schreibt §… …   Deutsch Wikipedia

  • Sühneverfahren — Süh|ne|ver|fah|ren 〈n. 14〉 gerichtliches Verfahren zur gütlichen Beilegung eines Streitfalles * * * Süh|ne|ver|fah|ren, das (Rechtsspr.): dem gerichtlichen Verfahren vorausgehendes Verfahren, in dem versucht wird, eine gütliche Einigung zwischen… …   Universal-Lexikon

  • Wolfgang Stichel — (* 18. November 1898 in Berlin; † 31. Januar 1968 in Berlin Hermsdorf) war ein deutscher Zoologe und Entomologe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Wissenschaftliche Leistungen 3 Webl …   Deutsch Wikipedia

  • Schwarzburg [1] — Schwarzburg, sonst reichsunmittelbare Grafschaft des. Obersächsischen Kreises, 351 QM., 116,000 Ew., in zwei Haupttheile, den nördlichen (die Unterherrschaft) u. den südlichen (die Oberherrschaft) getrennt, gehörte zwei Fürsten (S. Sondershausen… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Friedensrichter — Ombudsperson; Schiedsperson * * * Frie|dens|rich|ter 〈m. 3〉 1. ehrenamtl. Richter beim Friedensgericht 2. = Schiedsmann * * * Frie|dens|rich|ter, der [LÜ von engl. Justice of the Peace]: 1. (bes. in den USA u. Großbritannien) Einzelrichter für… …   Universal-Lexikon

  • Denazifizierung — Das Entnazifizierungsgesetz Die Entnazifizierung war eine Zielsetzung und ein Maßnahmenbündel der Vier Mächte nach ihrem Sieg über das nationalsozialistische Deutschland, die ab Juli 1945 umgesetzt wurden. Nach dem Potsdamer Abkommen sollten die… …   Deutsch Wikipedia

  • Entnazifizierung — Das Entnazifizierungsgesetz Die Entnazifizierung war eine Zielsetzung und ein Maßnahmenbündel der Vier Mächte nach ihrem Sieg über das nationalsozialistische Deutschland, die ab Juli 1945 umgesetzt wurde. Nach dem Potsdamer Abkommen sollten die… …   Deutsch Wikipedia

  • Entnazifizierungsverfahren — Das Entnazifizierungsgesetz Die Entnazifizierung war eine Zielsetzung und ein Maßnahmenbündel der Vier Mächte nach ihrem Sieg über das nationalsozialistische Deutschland, die ab Juli 1945 umgesetzt wurden. Nach dem Potsdamer Abkommen sollten die… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Beyerle — (voller Name Franz Sales Nikolaus Beyerle, * 30. Januar 1885 in Konstanz; † 22. Oktober 1977 in Wangen bei Radolfzell) war ein deutscher Jurist und Rechtshistoriker …   Deutsch Wikipedia

  • Sühneurkunde — Sühnevertrag ist ein Begriff aus der Rechtsgeschichte: Es handelt sich um eine Vereinbarung zwischen einem Straftäter und der Opferseite, in welcher der Täter unter anderem Wiedergutmachung für die begangene Tat zusagt und die Opferseite im… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”