- Regenbogen
Regenbogen, ein farbiger Kreisbogen auf einer Regenwand, die von der im Rücken des Beobachters stehenden Sonne beschienen wird. Der Mittelpunkt des Bogens ist der Gegenpunkt der Sonne, d. h. er liegt auf der Verlängerung der von der Sonne durch das Auge des Beobachters gehenden Linie. Nur wenn die Sonne im Horizont steht, sieht man einen Halbkreis (auf hohen Bergen, wo die Sonne auch noch unter dem Horizont des Beobachters stehend scheinen kann, etwas mehr), meist aber nur ein Stück eines Bogens (Regengalle, Wassergalle). Häufig erscheinen zwei gesonderte, aber konzentrische R., von denen der innere der Hauptbogen, der äußere der Nebenbogen genannt wird; bei ersterm sind die Farben leuchtender als bei letzterm. Die Hauptfarben sind: Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Violett, die aber weder immer alle vorhanden, noch auch immer gleich verteilt sind, die ferner weder stets die gleiche Breite einnehmen, noch auch stets dieselbe Intensität zeigen. Auch die Gesamtbreite des Regenbogens wechselt. Endlich schließen sich manchmal innen an den Hauptbogen (selten außen an den Nebenbogen) unmittelbar ein oder mehrere sekundäre (fälschlich überzählig genannte) Bogen an, so daß er zwei-, drei- und mehrfach erscheint; man hat bis zu sechs sekundäre Bogen beobachtet. Fast bei jedem R. sieht man die rötliche Farbe, häufig die grüne und öfter die blaue. Haupt- und Nebenbogen kehren die roten Seiten einander zu. so daß also Rot beim Hauptbogen außen, beim Neben bogen innen ist; die sekundären R. zeigen die gleiche oder die entgegengesetzte Farbenfolge des Hauptbogens. Die Mondregenbogen und Nebelbogen entstehen auf gleiche Weise, zeigen aber außer glänzendem Weiß selten andre Farben und dann nur ganz schwach. Vom Kreismittelpunkt steht das Rot des Hauptbogens um etwa 42°, das des Nebenbogens um etwa 50° ab. Die Breite des Hauptbogens beträgt wenige (meist zwei bis drei) Grade. Zur Erklärung aller Erscheinungen des Regenbogens genügt die bisher noch allgemein verbreitete Theorie von Descartes nicht, wohl aber die von Airy (1836), die Peruter 1897 erweiterte. Der Hauptbogen entsteht dadurch, daß die Sonnenstrahlen beim Eintritt in den Regentropfen sowie beim Austritt gebrochen und an der Innenwand einmal reflektiert werden, während beim Nebenbogen außer der doppelten Brechung auch zweimalige innere Reflexion stattfindet. Nur der Strahl. der auf den Tropfen so auftrifft, daß seine Verlängerung durch den Tropfenmittelpunkt geht, erfährt keine Ablenkung (Nullstrahl). Nennt man den stumpfen Winkel, den die Richtung eines aus dem Tropfen austretenden Strahls mit dem Nullstrahl bildet, den Drehungswinkel, so findet man, daß bei einem parallel dem Nullstrahl einfallenden Strahlenbündel ein Strahl den kleinsten Drehungswinkel hat; er heißt deshalb der »mindest gedrehte« Strahl. Das Licht schreitet nun in Wellenflächen fort, so daß es vor dem Eintritt in den Tropfen eine Ebene senkrecht zum Strahlenbündel bildet; nach dem Austritt ist die Wellenfläche gekrümmt und zwar vom mindest gedrehten Strahl aus entgegengesetzt. Von jedem Punkte dieser Wellenfläche geht eine selbständige Lichtwelle aus, die insgesamt sich teils verstärken, teils abschwächen; es entsteht so eine unendliche Folge heller und dunkler Streifen für jede Farbengattung. Für das Auge kommt dabei immer nur die allernächste Nachbarschaft der mindest gedrehten Strahlen in Betracht, und zwar wirken jeweils nur die Tropfen und Strahlen, die zu Sonne uno Beobachter die gleiche Lage oder gleichen Abstand haben und mithin auf einem Kreise liegen, dessen Radius für Rot eben rund 42° ist. Daher kann auch jeder Beobachter nur einen ihm eigentümlichen R., nicht aber den sehen, den gleichzeitig auch ein anderer sieht. Das auf den Tropfen auffallende weiße Sonnenlicht wird durch Brechung in die verschiedenen Farben zerlegt, da Rot die geringste, Violett die stärkste Brechung erfährt; daher kommt das rote Licht von höher gelegenen Strahlen als das violette, und daher wiederum erscheint beim Hauptbogen Rot oben und Violett unten. Alle Verschiedenheiten in Größe und Breite des Regenbogens, in Farbenfolge und Leuchtkraft hängen nur von der Größe der Regentropfen ab, und man kann von erstern auf letztere schließen. Intensives Violettrosa im Hauptbogen mit lebhaftem Grün erscheint bei Tropfen von 1–2 mm Durchmesser; nur Grün und Violett ohne Gelb im sekundären Bogen setzt Tropfen von etwa 0,5 mm Größe voraus; Gelb im sekundären Bogen bei breitem, farbenreichem Hauptbogen weist auf Tropfen von 0,3–0,8 mm hin. Bei weißem Hauptbogen mit nur schwach farbigem Rande sind die Tropfen höchstens 0,05 mm groß. Regenbogenähnliche Erscheinungen sieht man häufig bei Springbrunnen, Wasserfällen etc. Vgl. Pernter, Meteorologische Optik (bisher 3 Teile, Wien 1902–06) und Ein Versuch, der richtigen Theorie des Regenbogens Eingang in die Mittelschulen zu verschaffen (2. Aufl., das. 1900).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.