Prise

Prise

Prise (franz.), Seebeute einer kriegführenden Macht. Während nach modernem Völkerrecht im Landkrieg das Privateigentum von Angehörigen der in einen Krieg verwickelten Staaten möglichst geschont und nur, insoweit es für Zwecke der Kriegführung brauchbar ist, in Beschlag genommen wird, unterliegt im Seekrieg nicht nur das Eigentum des feindlichen Staates, sondern auch alles feindliche Privateigentum zur See, wofern es nicht durch eine neutrale Flagge gedeckt wird, der Okkupation durch die gegenteilige feindliche Macht, sogen. Seebeuterecht (s. d.), ja sogar, wofern die Kaperei, wie dies im nordamerikanischen Sezessionskriege (1861–65) seitens der Südstaaten geschehen ist, von der kriegführenden Seemacht gestattet wird, durch mit Kaperbriefen versehene Privatfahrzeuge (s. Kaperei). Auch neutrale Privatschiffe, die sich einer Verletzung der Neutralität, namentlich durch den Transport von Kriegskonterbande oder durch Blockadebruch (s. Blockade), schuldig machen, unterliegen der Aufbringung und Wegnahme, sogen. Prisenrecht (s. Frei Schiff, frei Gut und Durchsuchungsrecht). Eine Einigung der Seemächte zur Beseitigung oder doch zur Beschränkung des sogen. Prisenrechts auf Fälle der letztern Art ist trotz wiederholter Anregung nicht zustande gekommen, und auch eine Verordnung des Norddeutschen Bundes vom 18. Juli 1870, wonach französische Handelsschiffe durch die Bundeskriegsmarine nicht aufgebracht werden sollten, abgesehen von solchen Schiffen, die auch, wenn sie einem neutralen Staat angehörig, der Wegnahme unterliegen würden, mußte zurückgezogen werden, da von selten Frankreichs nicht das gleiche Verfahren beobachtet wurde. Ständige oder für die Kriegsdauer besonders eingesetzte Prisengerichte (franz. Conseils de prises, engl. Prize-courts) sind berufen zum Rechtsspruch (Prisenurteil) darüber, ob eine Seebeute zu »kondemnieren«, d. h. als gute P. zu erklären, oder ob sie freizugeben sei. Sehr strittig ist die Frage, ob die Zerstörung einer P. vor Spruch des Prisengerichts zulässig ist. Rußland hat in seinem Kriege mit Japan des öftern aufgebrachte Schiffe nach stattgefundener Durchsuchung vernichtet. Zulässig ist ein derartiges kurzes Verfahren nur, wenn die P. zur Weiterfahrt seeuntüchtig geworden, wenn sie mit Rücksicht auf die Nähe des Feindes nicht durchgebracht werden kann und Gefahr der Wiedernahme durch den Feind besteht, wenn es dem aufbringenden Schiff an Mannschaft zur Besetzung der P. fehlt, kurz, wenn nur durch Vernichtung der Zweck der Aufbringung, d. h. die Schädigung des Feindes sich ermöglichen läßt. Nach dem deutschen Reichsgesetz vom 3. Mai 1884, betreffend die Prisengerichtsbarkeit, wird der Sitz der Prisengerichte, ihre Zusammensetzung, das Verfahren vor denselben sowie die Verpflichtung andrer Behörden des Reiches oder der Bundesstaaten, in Prisensachen mitzuwirken, durch kaiserliche Verordnung bestimmt. Auf Grund dieses Gesetzes ist z. B. die Verordnung vom 15. Febr. 1889, betreffend die Ausübung der Prisengerichtsbarkeit aus Anlaß der ostafrikanischenBlockade, ergangen, durch die damals ein Prisengericht in Sansibar und ein Oberprisengericht in Berlin eingesetzt wurde. Das Verfahren vor den Prisengerichten ist ein summarisches Reklamationsverfahren, indem die Präsumtion für die Rechtmäßigkeit der Wegnahme (Kaptur) der P. spricht und es dem Reklamanten überlassen bleibt, die Widerrechtlichkeit derselben darzutun. Wird die P. losgesprochen, so hat ihre Rückgabe sowie die Zahlung etwa zugesprochener Entschädigungsgelder zu erfolgen. Im Falle der Verurteilung wird die P. zur guten P. und geht in das Eigentum des Nehmestaates über. Prisengeld heißt die Belohnung, die der Mannschaft und dem Befehlshaber des die Kaptur vollziehenden Schiffes (Kaptor) bewilligt, auch die Loskaufungssumme (Ranzion), gegen die ein gekapertes Schiff freigegeben wird (s. Kaperei). Die besonders durch das Institut für internationales Recht ständig im Flusse gehaltene Bewegung zur Einsetzung internationaler Prisengerichte hat leider noch zu keinem Ergebnis geführt. Vgl. Geßner, Le droit des neutres sur mer (2. Aufl., Berl. 1876); Lawrence, Principles of international law (Lond. 1896); v. Attlmayr, Das internationale Seerecht (Wien 1903–1904, 2 Bde.); Perels, Das internationale Seerecht der Gegenwart (2. Aufl., Berl. 1903); v. Mirbach, Die völkerrechtlichen Grundsätze des Durchsuchungsrechts zur See (das. 1903); Roepcke, Das Seebeuterecht (Leipz. 1904); das vom Institut de droit international ausgearbeitete »Règlement international des prises maritimes« (Brüssel 1888).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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