- Phasen [2]
Phasen (thermodynamische), nach Gibbs die verschiedenen Erscheinungsformen einer einfachen oder aus mehreren Komponenten zusammengemischten Substanz, die, durch erkennbare Trennungsflächen voneinander geschieden, nebeneinander bestehen können. Macht man z. B. die Hypothese (s. Aggregatzustände), Eis, Wasser, Dampf seien verschiedene Erscheinungsformen desselben Stoffes, des Wasserstoffoxyds, so kann man sagen, die drei P. der einzigen Komponente Wasserstoffoxyd können beim Gefrierpunkte nebeneinander bestehen, derselbe sei ein dreifacher Punkt oder Tripelpunkt. Da es drei polymorphe Modifikationen von Eis gibt, sind im Sinn obiger Hypothese fünf P. des Wasserstoffoxyds existenzfähig, von diesen können aber immer nur drei nebeneinander bestehen, koexistieren. Die Gibbssche Phasenregel besagt, daß allgemein die Zahl der P., die koexistieren können, um zwei größer ist als die Zahl der Komponenten. Beispielsweise ist bei einer Mischung von Wasser und Salz die Zahl der Komponenten = 2, die Zahl der P., die nebeneinander bestehen können (Salz, Eis, gesättigte Lösung, Dampf), = 4, d.h. = 2+2. Ein solches System heißt ein invariantes. Übersteigt die Zahl der P. die der Komponenten um 1, so heißt das System ein monovariantes. Verzichtet man z. B. darauf, daß im vorigen Fall auch Eis vorhanden sein soll, begnügt man sich mit Salz, Salzlösung und Dampf, so ist damit nicht zugleich Temperatur und Druck, bei denen diese drei P. koexistieren können, gegeben, sondern man kann z. B. die Temperatur beliebig wählen, womit dann aber die andre Veränderliche, der Druck bestimmt ist. Ist die Zahl der P. gleich der Zahl der Komponenten, so ist das System divariant. Beispielsweise seien die koexistierenden P. Salz und Lösung, auf gleichzeitige Anwesenheit von Dampf werde aber verzichtet, so kann man sowohl Temperatur wie Druck beliebig wählen. Für jede solche Wahl ergibt sich eine bestimmte Konzentration der Lösung, ein bestimmter Sättigungspunkt.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.