- Orlów [3]
Orlów, russ. Adelsfamilie. Ein Strelitze, Iwan O., der auf Befehl Peters d. Gr. hingerichtet werden sollte, war dabei so kaltblütig, daß er begnadigt und später zum Offizier ernannt wurde. Sein Enkel ist:
1) Grigorij Grigorjewitsch, geb. 17. Okt. 1734, gest. 24. April 1783, war Adjutant des Artilleriechefs Grafen Schuwalow. In der Schlacht bei Zorndorf wurde er verwundet und mit dem gefangenen Grafen von Schwerin nach Petersburg geschickt. Hier erhob ihn Katharina II. zu ihrem Geliebten, und er bereitete nebst seinen Brüdern den Sturz Peters III. 9. Juli 1762 vor. Er wurde zwar nicht, wie er gehofft, Gemahl der Kaiserin, jedoch Generalfeldzeugmeister und reich belohnt. Er hatte die Idee, durch eine Expedition in das Mittelmeer (1769 und 1770) der Türkei in den Rücken zu fallen. 1762 nebst den Brüdern in den Grafenstand erhoben, wurde er 1772 von Joseph II. zum deutschen Reichsfürsten ernannt. Als Gesandter auf dem Friedenskongreß zu Focsani 1772 erlangte er infolge seiner Anmaßung nur wenig Vorteile für Rußland. Bald wurde er von Potemkin verdrängt, wenn Katharina ihn auch später fürstlich beschenkte. Seiner Verbindung mit ihr entstammt die Familie der Grafen Bobrinskij.
2) Alexej, Bruder des vorigen, geb. 1737, gest. 5. Jan. 1809, berühmt wegen seiner Körperkraft, erdrosselte 1762 eigenhändig Peter III. in Ropscha, wofür er von Katharina II. zum Generalleutnant, 1764 zum Kammerherrn und Präsidenten der Tutelkanzlei ernannt wurde. 1768 wurde er Admiral der russischen Flotte im Archipel. Sein glänzender Sieg bei Tschesme 2. Juli 1770 erwarb ihm den Beinamen Tschesmenskij. Nach dem Kriege wurde er Oberbefehlshaber und erhielt bedeutende Schenkungen. Paul I. nahm an ihm und Barjatinskij, dem einzigen noch lebenden Mordgenossen, dadurch Rache, daß sie bei der feierlichen Abholung der Leiche Peters III. aus dem Alexander-Newskykloster das Bahrtuch tragen mußten und hierauf verbannt wurden. O. ging nach Deutschland und kehrte erst nach Pauls Tod nach Moskau zurück.
3) Grigorij Wladimirowitsch, Sohn des jüngsten Bruders des vorigen, Wladimir (gest. 1802), geb. 1777, gest. 4. Juli 1826 in Petersburg, seit 1812 Senator, war Gelehrter und Mitglied der Akademien in Petersburg und Neapel. Er lebte meist im Ausland. Er schrieb: »Mémoires historiques, politiques et littéraires de Naples« (2. Aufl., Par. 1825, 5 Bde.; auch deutsch, Leipz. 1824); »Histoire des artsen Italie« (Par. 1822, 4 Bde.) und »Voyage dans une partie de la France« (das. 1824, 3 Bde.). Mit ihm erlosch die legitime männliche Linie O.
4) Alexej Fedorowitsch, Fürst, natürlicher Sohn des Fedor O., jüngern Bruders von O. 1) und 2), geb. 1787, gest. 21. Mai 1861 in Petersburg, zeichnete sich in den französischen Kriegen aus, ward Adjutant des Großfürsten Konstantin, dann Kommandeur des Garderegiments zu Pferd. Am 26. Dez. 1825 trug seine Geistesgegenwart viel zur Dämpfung des Aufstandes der Garden bei, worauf er in den Grafenstand erhoben, zum Generaladjutanten ernannt wurde und das Kommando einer Kavalleriedivision erhielt, an deren Spitze er sich in dem türkischen Feldzug von 1828 hervortat. Nachdem er den Friedensvertrag von Adrianopel vom 14. Sept. 1829 abgeschlossen, ging er als außerordentlicher Botschafter nach Konstantinopel. 1833 erschien er als Oberbefehlshaber der am Bosporus gelandeten russischen Truppen von neuem in Konstantinopel und bewog den Sultan, den Vertrag von Hunkjar Skelessi zu unterzeichnen. Bald darauf ward er General der Kavallerie und Mitglied des Reichsrats, und 1844 erhielt er die Leitung der geheimen Polizei. Er begleitete den Kaiser Nikolaus auf allen seinen Reisen. Senie Sendung nach Wien 1854, um Österreich für die russische Politik zu gewinnen, war erfolglos, dagegen wirkte er am Friedenskongreß zu Paris 1856 mit Erfolg als russischer Bevollmächtigter, ward hierauf zum Präsidenten des Reichs- und Ministerrats und 7. Sept. 1856 in den Fürstenstand erhoben.
5) Nikolai Alexejewitsch, Fürst, einziger Sohn des vorigen, geb. 1820, gest. 29. März 1885 in Fontainebleau, trat zuerst in die Armee, dann, nachdem er 1854 bei der Belagerung von Silistria ein Auge sowie einen Arm eingebüßt hatte, in den diplomatischen Dienst und wurde 1860 Gesandter in Brüssel, 1870 kurze Zeit in Wien. 1872–80 war er Botschafter in Paris, dann in Berlin. Er veröffentlichte eine russisch geschriebene »Geschichte des preußischen Krieges von 1806« (Petersb. 1856).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.