Muata Jamvos Reich

Muata Jamvos Reich (Mutiamvos, Maliamvos Reich, Lundareich), großes Reich im innern Südafrika, zwischen 7.–11.° südl. Br. und 18.–24.° östl. L., früher etwa 350,000 qkm groß, mit 1 Mill. Einw., wozu einst noch mehrere abhängige Landschaften, darunter das Land des mächtigen Kasembe, kamen. In jenem engern Umfang bestand das Reich aus den Ländern Nordwestkalunda, Südostkalunda, Molua, Mataba und Kioko, deren Häuptlinge an den Oberherrscher Tribut zu zahlen hatten, den sie indes auch häufig verweigerten. Gegenwärtig gehört das Land teils zur portugiesischen Kolonie Angola, teils zum Kongostaat. Das im W. vom N'Galla Mungogebirge und der Mosambakette begrenzte Gebiet ist, soweit bekannt, ein leichtgewelltes Savannenland, zum großen Teil bedeckt mit dichten Galeriewäldern an den zahlreichen Flüssen (Kuango mit Wambu und Kuilu, Kassai mit Lulua u.a.), die sämtlich dem Kongo zufließen. Die Tierwelt ist äußerst dürftig. Die Bevölkerung besteht zum großen Teil aus den Lunda (s. d.). Sie leben in Polygamie, sind schlechte Jäger und Fischer, betreiben aber lebhaften Sklavenhandel, der ihnen den Unterhalt zu liefern scheint. Industrie findet sich bei ihnen sehr wenig und besteht nur im Verfertigen von Holzschüsseln, Gewehrschäften, Ruhekissen, Löffeln, Schmuck- und Fetischgerätschaften, Perücken, Töpferwaren, Pfeifen etc. In neuerer Zeit machen indes die energischern, Handel treibenden Kioko (s. d.) den schlaffern Lunda das Land immer mehr streitig; während sie vor 30 Jahren den 10. Längengrad noch nicht überschritten hatten, ziehen sich jetzt ihre Dörfer schon am 7. hin. Das aus fruchtbarem Laterit bestehende Land liefert namentlich Maniok und Hirse. Der Herrscher des Reiches, der Muata Jamvo, hat absolute Gewalt über seine Untertanen, die Lehnsfürsten haben ihm Abgaben an Salz und Kupfer, Elfenbein, Flechtwaren, Sklaven und Tierfellen, Zeug und Pulver zu senden und Heeresfolge zu leisten. Neben dem Muata Jamvo steht als Mitregentin mit besonderm Hofstaat die Lukokescha, ein für unverheiratet geltendes Weib, »die Mutter des Volkes«, das aber sich Männer nach Belieben wählt. Beide müssen von einer der Hauptfrauen des letzten Muata Jamvo geboren sein und werden von den vier obersten Räten des Staates gewählt; sie müssen sich gegenseitig bestätigen, stellen also eine förmliche Verflechtung zweier Staaten und Staatsgewalten in einem Lande dar. Die jeweilige Haupt- und Residenzstadt heißt Mussumba (»Residenz«), wird in der Ebene zwischen Kalangi und Luisa, Nebenflüssen des Lulua, angelegt, aber nach dem Tode jedes Muata Jamvo an andrer Stelle von neuem aufgebaut; ihre Einwohnerzahl schwankt und wird von 2000 (Buchner) bis 30,000 (Michaux) angegeben. Den größten Raum nehmen die in einer weiten Umzäunung (Kipanga) errichteten Wohnungen der beiden Herrscher und ihrer ersten Würdenträger ein. Reisenden wurde stets der Weitermarsch nach N. oder O. verwehrt: Pogge mußte 1876, Buchner 1880 nach Angola zurückkehren. Erst Pogge und Wissmann konnten 1881 in das Land der Baschilange vordringen, dann auch der Belgier Michaux und weiterhin noch andre Forscher. Früher (bis 1870) waren portugiesische Händler vorgedrungen. Vgl. Pogge, Im Reiche des Muata Jamwo (Berl. 1880); Buchner, Das Reich des Muata Jamwo (in den »Deutschen Geographischen Blättern«, Brem. 1883); Wissmann, Wolf, v. François und Müller, Im Innern Afrikas (3. Aufl., Leipz. 1891).