- Jānus
Jānus, eine der vornehmsten römischen Gottheiten, deren eigentliche Bedeutung den Alten selbst unklar war, erscheint als Gott alles Anfangs und Eingangs, daher er für den ältesten aller Götter galt, bei allen Gebeten und Opfern zuerst angerufen wurde, sein Priester, der rex sacrorum, in der römischen Hierarchie offiziell den ersten Rang hatte.
Heilig sind ihm der Tagesanfang, die Monatsersten (calendae) und der erste Monat des römischen Kirchenjahrs (ianuarius); so gestaltete er sich zum Gott des Jahres- und Zeitenwechsels. Über der Entstehung jedes Dinges waltend, steht er der Erzeugung und Empfängnis vor (consevius); alle Anfänge der Kultur, Acker- und Schiffbau, Münzprägung etc., werden auf ihn zurückgeführt; seinen Doppelkopf (daher er bifrons, biceps heißt) trägt die erste Münze der römischen Münzreihe, der As (s. Abbildung). Seine Attribute, Stab und Schlüssel, kennzeichnen ihn als Pförtner des Himmels, den er schließt und öffnet (daher clusius patulcius); auf Erden sind ihm alle Türen (ianuae) und Straßendurchgänge (iani) heilig. Sein Hauptheiligtum war der zweitürige, angeblich schon von Numa gegründete ianus Quirinus (auch i. geminus) am Forum, der nur zur Friedenszeit geschlossen wurde, was seit Numa bis zu Christi Geburt nur viermal geschehen sein soll, dreimal unter Augustus. Nach den Dichtern ist er Vater des Fontus von der Juturna (s. d.), auch Liebhaber der Cardea. Rationalistische Deutung machte ihn zu einem latinischen Urkönig, der auf dem Janiculum wohnte und den flüchtigen Saturnus aufnahm. Vgl. Roscher, Lexikon der Mythologie, Bd. 2, S. 15 ff.; Linde, De Jano summo Romanorum deo (Lund 1891).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.