- Halsbandgeschichte
Halsbandgeschichte, ein berüchtigter Skandal vor der französischen Revolution, der den französischen Hof aufs äußerste kompromittierte und die Autorität des Königtums mit untergraben half. Der Kardinal v. Rohan, Fürstbischof von Straßburg, trotz seines geistlichen Standes von sittenlosestem Lebenswandel, war bei Hof in Ungnade gefallen und von seinem Posten als Gesandter in Wien abberufen worden. Sein ganzes Streben ging dahin, die verlorne Gunst des Königspaares wieder zu erringen. Dies benutzte 1784 eine raffinierte Schwindlerin, die sogen. Gräfin Lamotte-Valois (s. d.). Sie versprach dem blindgläubigen Kardinal, ihm die Gunst Marie Antoinettes zu verschaffen, händigte ihm gefälschte Briefe der Königin ein und lieh von ihm in deren Namen Geld im Betrag von 120,000 Livre. Eine der Königin äußerlich ähnliche Dirne, Marie Leguay d'Oliva, spiegelte dem Kardinal eine Neigung der Königin bei einem nächtlichen Rendezvous im Park von Versailles vor. Als die Juweliere Böhmer und Bassenge damals Marie Antoinette ein kostbares Diamanthalsband für 1,600,000 Livres anboten, diese aber den zu teuern Kauf zurückwies, redeten die Lamotte und ihre Helfershelfer dem Kardinal ein, daß er das Herz der Königin endgültig erobern werde, wenn er ihr zur Erwerbung des Schmuckes verhelfe, und brachten es durch ein Billett mit gefälschter Unterschrift der Königin dahin, daß der Kardinal sich den Juwelieren für die Zahlung der Summe verbürgte, welche die Königin angeblich terminweise von ihren Ersparnissen abzutragen versprach. Als der Kardinal 1. Febr. 1785 das Halsband erhielt, lieferte er es der Lamotte aus, die sofort die Diamanten ausbrach und verkaufen ließ. Da aber die Zahlungen nicht an den versprochenen Terminen erfolgten, wendeten sich die Juweliere an die Königin und den König selbst. So wurde der Betrug entdeckt und Rohan 15. Aug. verhaftet und dem Parlament zur Verurteilung überwiesen, das ihn jedoch 31. Mai 1786 freisprach und damit unter dem Beifall der Pariser die ungünstigen Gerüchte über die Königin bestätigte. Übrigens wurde Rohan durch eine lettre de cachet des Königs auf eine seiner Abteien verbannt. Die Lamotte wurde zum Staupbesen, zur Brandmarkung und lebenslänglicher Einsperrung, ihr Gemahl zu den Galeeren verurteilt, Retaux de Villette, ihr Gehilfe bei den Fälschungen, nur mit Verbannung bestraft. Marie Antoinette wurde von der gegen den Hof erbitterten, leichtgläubigen Menge allgemein für schuldig gehalten, durch eine Liebschaft mit Rohan das Halsband sich haben verschaffen zu wollen. Vgl. Campardon, Marie-Antoinette et le procès du collier (Par. 1863); L. Combes, Marie-Antoinette et l'intrigue du collier (das. 1877); »Neuer Pitaval«, Bd. 8; Funck-Brentano, L'affaire du collier (5. Aufl., Par. 1903; deutsch, Münch. 1903). Die H. bildet bekanntlich den Inhalt des Goetheschen Lustspiels »Der Groß-Kophta«.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.