Hagestolz

Hagestolz

Hagestolz (eigentlich »Hagbesitzer« im Gegensatz zu Hofbesitzer, a. d. altsächs. hag, umfriedigtes Grundstück, und staldan, besitzen), ursprünglich ein jüngerer Sohn, der als Kleinhäusler bei dem erstgebornen Bruder, dem das väterliche Grundstück zufiel, wohnte und wegen unausreichenden Einkommens keine Familie erhalten konnte. Man legte den Namen später den Unverheirateten überhaupt, namentlich alten, ehescheuen Junggesellen bei. Schon bei Hrabanus Maurus findet sich das lateinische caelebs (»ehelos«) durch hagustalt übersetzt; später kommen in verschiedenen Dialekten die Ausdrücke: Hagestalt, Hagestolt, Hagestelz etc. vor. Brunner in seiner »Deutschen Rechtsgeschichte« weist darauf hin, daß die altsächsischen Gefolgsleute, solange sie am Hof des Herrn weilten, unverheiratet bleiben mußten; diese Gefolgsleute aber hießen Hagnstalden. Aus Gründen der Politik und Moral hat man die Hagestolzen früher zuweilen für nicht vollberechtigte Staatsbürger erklären wollen. Schon den Juden wurde die Eingehung einer Ehe zur Pflicht gemacht, und in mehreren griechischen Staaten, namentlich in Sparta, galten nach Lykurgs Gesetzen die ohne physische Notwendigkeit im ehelosen Stand Beharrenden als von der vollen staatsbürgerlichen Ehre ausgeschlossen. Auch römische Gesetze bevorzugten die Verehelichten, namentlich hinsichtlich der Erbfähigkeit. Ganz unabhängig vom römischen Rechte bestand ein Hagestolzenrecht (jus hagestolziatūs) in einigen Distrikten Braunschweigs, Hannovers und der Pfalz, das dem Landes- und Gutsherrn einen gewissen Anspruch auf den Nachlaß der Hagestolzen gab. Die Volksdichtung ist unermüdlich, ihnen und den alten Jungfern ihre Mißbilligung auszusprechen, und läßt sie im Jenseits die verschiedenartigsten unnützen oder erniedrigenden Arbeiten verrichten. Vgl. Haberland, Altjungfern- (und Hagestolzen-) Schicksal nach dem TodeGlobus«, 1878, Nr. 13); Schrader, Die Schwiegermutter und der H. (Braunschw. 1904).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Hagestolz — Hagestolz. Ein sehr altes, angelsächsisches Wort, das anfänglich nur für einen über die Jugendjahre hinaus ehelos Lebenden gebraucht ward, jetzt aber meistens halbspottend für einen Ehescheuen gilt. Seinen Ursprung soll es von dem Worte Hag, was… …   Damen Conversations Lexikon

  • Hagestolz — Hagestolz,der:⇨Junggeselle Hagestolz→Junggeselle …   Das Wörterbuch der Synonyme

  • Hagestolz — Sm erw. obs. (9. Jh., Form 13. Jh.), mhd. hagestolz, älter hagestalt, ahd. hagustalt, hagastalt, as. hagustald, hagastald Stammwort. Aus g. * hagu stalda m., auch in runen nord. hagustaldaz, anord. haukstaldr, haukstallr (lautlich umgeformt), ae …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Hagestolz — Hagestolz, 1) im Althochdeutschen (haga stalt, hai staldi) ein Lohnknecht, ein Anfänger in einer Sache, bes. aber ein einzeln Wohnender, nicht einer Familie Angehöriger u. kein liegendes Gut Besitzend er; 2) jetzt Einer, welcher nicht durch… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Hagestolz — Hagestolz, eigentlich der auf einem Nebengut [hag] sitzende jüngere Sohn; dann s.v.w. alter Junggeselle …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Hagestolz — Hagestolz, althochdeutsch Hagastalt, d.h. ein Alleinwohnender, jetzt ein freiwillig Eheloser, der aus selbstsüchtigen Gründen es verschmäht eine Familie zu stiften …   Herders Conversations-Lexikon

  • Hagestolz — Er ist ein alter Hagestolz: ein unverbesserlicher Junggeselle; er will nicht heiraten. Lange Zeit wurde der zweite Teil des Wortes an ›stolz‹ = superbus angelehnt, wodurch sich die Etymologie ›Einer, der auf seinen Hag stolz ist‹ ergab. Im… …   Das Wörterbuch der Idiome

  • Hagestolz — Carl Spitzweg: Der Hagestolz Ein Hagestolz ist ein älterer Junggeselle. In der Umgangssprache wird der Begriff darüber hinaus in der Bedeutung Junggeselle aus Überzeugung oder Sonderling – ein Mann, der die Ehe verabscheut – gebraucht… …   Deutsch Wikipedia

  • Hagestolz — Ha|ge|stolz 〈m. 1〉 (älterer) Junggeselle [<ahd. hagustalt, eigtl. „Hagbesitzer“ (got. staldan „besitzen“); urspr. „Besitzer eines (umfriedeten) Nebengutes“; diese Nebengüter erhielten die jüngeren Söhne, die wegen des geringen Ertrages nicht… …   Universal-Lexikon

  • Hagestolz — 1. Ein Hagestolz sitzt frei, bis er sich verändert. – Graf, 43, 162. Die Ehelosigkeit wurde im Mittelalter als Ketzerei betrachtet. Ein Vorwurf erwuchs dem Manne aber erst dann daraus, wenn er in die höhern Jahre gekommen war. Um im gesetzlichen… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

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