Hölle [1]

Hölle [1]

Hölle (abgeleitet v. altdeutschen H el, dem Namen der Göttin der Unterwelt bei den alten Germanen). Sowohl die semitischen als die klassischen Religionen des Altertums nahmen an, daß mit dem Tode des Leibes das eigentlich persönliche Leben des Menschen aufhöre; seine Seele steige hinab in einen dunkeln, lichtlosen Ort, wo sie als »Schatten« ein untätiges, freudenloses Leben führe. Diesen Ort nannten die Hebräer Scheol, die Griechen Hades. Luther hat in seiner Bibelübersetzung beide Worte mit H. wiedergegeben. H. im engern Sinne heißt aber nur derjenige Teil der Unterwelt, wohin die Seelen der Bösen zur Bestrafung verwiesen werden. Die Griechen nannten ihn Tartaros, die Juden seit den Zeiten des Babylonischen Exils Gehenna (d. h. G e-Hinnom, »Tal Hinnom« bei Jerusalem, wohin das Aas und die Leichen von Verbrechern geworfen wurden). Im Zusammenhang mit der Lehre von der Auferstehung (s. d.) wurde aus dem ursprünglichen Schattenreich nunmehr ein Ort körperlicher Qual, die bald als äußerster Frost (z. B. Matth. 8, 12), bald als Feuerpein (z. B. Mark. 9, 48 nach Jes. 66,24) beschrieben wird. Die letztere Vorstellung überwiegt schon im Neuen Testament (Matth. 25, 41; Offenb. 21, 8) und wurde vollends herrschend, seitdem die abendländische Christenheit, gewohnt, in vulkanischen Ausbrüchen das Toben der H. und die Wut der Dämonen zu erleben, die Höllendekoration in steigender Farbenglut den Eindrücken jener Phlegräischen Gefilde entnommen hatte, auf denen schon Vergil den Eingang zum Hades fand. Das solchergestalt konsolidierte Bild der H., das den germanischen Völkern die Erinnerung an die Wasserhölle der Edda verwischte, haben am Anfang des 14. Jahrh. Giotto malerisch und Dante, indem er damit die Eindrücke des Bergsturzes bei Mori verband, poetisch gezeichnet. In diese H. wurden nach der Kirchenlehre die bei dem Jüngsten Gericht Verdammten zur unaufhörlichen körperlichen und geistigen Pein verstoßen, und vor der den Höllenstrafen beigelegten Ewigkeit (s. d.) verschwand nicht bloß die Paulinische Voraussetzung einer definitiven Vernichtung der Bösen, sondern auch die Vorstellung von der Apokatastase (s. d.). Vgl. Delepierre, L'enfer, essai philosophique, etc. (Lond. 1877); Bautz, Die H. (vom Standpunkt der Scholastik, 2. Aufl., Mainz 1905).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hölle — Hölle. Die Vorstellungen von dem Aufenthaltsorte der Verdammten waren bei den verschiedenen Völkerschaften auch verschieden; die Phantasie erschöpfte sich in Bildern des Schreckens und der Qual. Bei den Skandinaviern hieß die Hölle Hela (s. d.),… …   Damen Conversations Lexikon

  • Holle — in »Frau Holle«: Der Name der Sagen und Märchengestalt beruht auf dem unter ↑ hold dargestellten Adjektiv mhd. holt, ahd. hold »günstig, gnädig; ergeben, dienstbar, treu«. Ahd. holda und mhd. holde bezeichnen einen ‹guten› weiblichen Geist,… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Hölle — Hölle: Das gemeingerm. Wort mhd. helle, ahd. hell‹i›a, got. halja, engl. hell, aisl. hel, das in altgerm. Zeit den Aufenthalt der Toten bezeichnete, ging nach der Christianisierung der germanischen Stämme auf den christlichen Begriff über. In der …   Das Herkunftswörterbuch

  • Hölle — ist eine Welt, in der nie verziehen wird. «Milan Kundera [* 1929]; tschech. Schriftsteller» * Die Hölle, das sind die anderen. «Jean Paul Sartre» …   Zitate - Herkunft und Themen

  • Hölle — Sf std. (9. Jh.), mhd. helle, ahd. hell(i)a, as. hellia Stammwort. Aus g. * haljō f. Unterwelt, Totenwelt , auch in gt. halja, anord. hel, ae. hell, afr. helle; in der Regel für den christlichen Begriff der Hölle bezeugt, im Altnordischen aber… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Hölle — [Aufbauwortschatz (Rating 1500 3200)] Bsp.: • Zur Hölle mit dir! …   Deutsch Wörterbuch

  • Holle [1] — Holle (Holde, Holda, Hulda), deutsche Göttin; freundlich u. milde u. zürnte nur dann, wenn sie Unordnung im Haushalt antraf; liebte den Aufenthalt in Sceu u. Brunnen, u. zur Mittagsstunde konnte man sie als schöne weiße Frau in der Fluth baden… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Holle [2] — Holle, Federbusch der Vögel, bes. der Enten …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Holle [3] — Holle, Flecken im Amte Wohldenberg des hannöverschen Fürstenthums Hildesheim; Eisenfactorei; 900 Ew …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Holle [4] — Holle, Berthold von H., deutscher Dichter des 13. Jahrh., der zwischen 1250 u. 1260 dichtete. Erhalten von ihm ist die epische Dichtung Crane, die ursprünglich 5700 Verse enthielt; Bruchstücke sind vom Demantin u. Darifant übrig. Die Sprache… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Hölle [1] — Hölle (im Alt u. Mittelhochdeutschen, hella, helle), heißt ursprünglich die Unterwelt überhaupt, als Aufenthaltsort der Verstorbenen, u. entspricht dem griechischen Hades (s.u. Griechische Mythologie); dann bes. diejenige Abtheilung der Unterwelt …   Pierer's Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”