- Graben [1]
Graben, offene, im Erdreich hergestellte Leitung, in der Regel mit trapezförmigem Querschnitt. Die Gräben dienen zur Ent- und Bewässerung, zur Trockenhaltung der Fahrbahn von Straßen und Eisenbahnen (Straßen-, bez. Bahngräben). Gräben, die Wasser führen sollen, müssen regelmäßiges Sohlengefälle erhalten. Bei starkem Gefälle muß man Sohle und Böschungen pflastern. Trockne Gräben dienen als Begrenzung von Grundstücken, große Gräben, z. B. für Schiffahrtszwecke oder für Bewässerungs- und Triebwerkanlagen, heißen Kanäle, Gräben in sehr geringen Abmessungen werden Rinnen (bei Bewässerungsanlagen), auch Wasserfurchen genannt. – Gräben werden militärisch gelegentlich beim Schießen und zur Deckung verwertet; sie bilden ein Hindernis der Truppenbewegung, deshalb muß eine Truppe im Überwinden von Gräben geübt sein. In der Befestigungskunst liefern die Gräben die Erde zur Errichtung der Wälle und sind ein Haupthindernis feindlicher Annäherung. Soll der G. den Zweck erfüllen, so muß für eine frontale und eine flankierende (Quer- und Längs-) Bestreichung gesorgt sein. Sie erfolgt, außer vom offenen Wall, aus tiefliegenden Hohlbauten (Kasematten) durch niedere Grabenflankierung. Letztere kommt bei polygonalem Grundriß des Systems, dem der G. folgt, ausschließlich zur Anwendung, während bei bastioniertem oder tenailiiertem Grundriß die Flankierung vom hohen Wall ausgehen kann. Der trockne G. als Hindernis hat nur Bedeutung für die Sturmfreiheit, wenn die Breite von 10 m gegen einfache Überbrückung sichert, die Tiefe 6–8 m beträgt und die Steilheit der Wände zum Ansetzen von Leitern zwingt. Je schmäler und tiefer der G. ist, desto besser deckt er das Mauerwerk gegen indirekten Schuß. Die äußere Grabenböschung (Kontereskarpe) ist zwar nicht der direkten Beschießung, wohl aber der im G. springenden Granaten ausgesetzt, weshalb sie durch massige Mauerbekleidung geschützt wird. Die dem Feinde zugekehrte innere Grabenwand (Eskarpe) wird in Erde geböscht, bei durch Beschießung besonders gefährdeten Linien mit mehr als ganzer Anlage. Am Fuße bringt man meist Gitter an, und auch die Grabensohle wird mit Hindernissen versehen. Letztere hat ein Gefälle nach der Mitte, wo ein kleiner G. (Künette) zur Ableitung des Wassers etc. dient; vor Scharten, Eingängen etc. findet sich ein Trennungsgraben, Diamant (s. d., S. 867). Bei nassem G. verlangt man für Sturmfreiheit 20 m Sohlenbreite und militärische Wassertiefe (1,80 m). Kontereskarpen in Mauerwerk finden sich als Ergänzung bei Frost, sonst schließen flache Böschungen den G. ein. Früher benutzte man Schleusenvorrichtungen, um den G. trocken oder naß zu halten. Vgl. Festung und Feldbefestigung.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.