Flüssigkeitsdruck

Flüssigkeitsdruck

Flüssigkeitsdruck. Flüssige Körper besitzen leichte Verschiebbarkeit ihrer Teilchen und so geringe Zusammendrückbarkeit, daß sie unter gewöhnlichen Umständen geradezu für unzusammendrückbar gelten können. Vermöge der erstern Eigenschaft kann eine in einem oben offenen Gefäß enthaltene Flüssigkeit nur dann im Gleichgewicht sein, wenn ihre freie Oberfläche wagerecht ist, d. h. wenn die Richtung der Schwerkraft auf ihr senkrecht steht, da bei jeder andern Form der Flüssigkeitsoberfläche ein Teil der Flüssigkeit von den höhern nach den tiefern Stellen abfließen müßte, bis endlich der wagerechte Flüssigkeitsspiegel hergestellt wäre. Einem auf sie ausgeübten Druck gegen über verhalten sich die Flüssigkeiten ganz anders als die starren Körper, deren Teilchen unverschiebbar miteinander verbunden sind. Wird auf das eine Ende eines starren Stabes in der Richtung seiner Länge ein Druck ausgeübt, so überträgt sich dieser in gleicher Größe und mit unveränderter Richtung auf den Stützpunkt, gegen den das andre Ende des Stabes gestemmt ist. Denken wir uns dagegen ein Litermaß mit einer aus losen, beweglichen Teilchen bestehenden Substanz, z. B. mit Schrotkörnern, angefüllt und mittels eines an die Gefäßwand anschließenden Kolbens einen Druck auf die Oberfläche der Schrotmasse ausgeübt, so keilen sich die zunächst gedrückten Körnchen zwischen die benachbarten ein und diese, weil ihnen nach allen Richtungen die gleiche Möglichkeit des Ausweichens gegeben ist, suchen nicht nur nach vorwärts, sondern auch nach seitwärts und sogar nach rückwärts zu drängen. Der ausgeübte Druck pflanzt sich also nach allen Richtungen durch die ganze Masse fort und überträgt sich schließlich auf die Gefäßwände, gegen welche er im Falle des Gleichgewichts überall senkrecht wirkt; denn hätte die Kraft schräge Richtung, so würde sie Gleiten der Teilchen an der Wand veranlassen, es wäre also kein Gleichgewicht vorhanden. Infolge der großen Beweglichkeit ihrer Teilchen zeigen Flüssigkeiten diese allseitige Fortpflanzung des Druckes in vollkommenster Weise; für sie gilt daher das hydrostatische Grundgesetz: Ein auf eine Flüssigkeit ausgeübter Druck pflanzt sich nach allen Richtungen mit gleicher Stärke fort. »Mit gleicher Stärke«, d. h. durch die ganze gepreßte Flüssigkeitsmenge hindurch, hat vermöge des auf sie ausgeübten Druckes jedes Flüssigkeitsteilchen das gleiche Bestreben, nach allen Richtungen hin auszuweichen; der Druck, den ein beliebiges Stück der Gefäßwand auszuhalten hat, wird daher um so größer sein, von einer je größern Anzahl Flüssigkeitsteilchen dasselbe bedrängt wird, d. h. je größer das Flächenstück ist. Dieser Druck wirkt jedoch nicht nur auf die Gefäßwände, sondern herrscht überall im Innern der Flüssigkeit; ein in diese gebrachtes dünnes Blechstückchen z. B. erleidet von beiden Seiten her den gleichen seiner Oberfläche proportionalen und zu ihr senkrechten Druck. Als Einheit des Flüssigkeitsdruckes wählt man gewöhnlich den Druck von 1 kg auf 1 qcm Fläche. Eine nützliche Anwendung von der allseitig gleichen Fortpflanzung des Druckes im Wasser macht man in der hydraulischen Presse.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Flüssigkeitsdruck — hidraulinis slėgis statusas T sritis automatika atitikmenys: angl. hydraulic pressure vok. Druckwasserpressung, f; Flüssigkeitsdruck, m; hydraulischer Druck, m; Wasserdruck, m rus. гидравлическое давление, m pranc. poussée hydraulique, f;… …   Automatikos terminų žodynas

  • Flüssigkeitsdruck — z. B. Wasserdruck bei Schwimmbädern …   Erläuterung wichtiger Begriffe des Bauwesens

  • Festigkeitsprobiermaschinen — dienen zur Erprobung der Festigkeitseigenschaften der Baustoffe an besonders hergerichteten Probestäben oder ganzen Konstruktionsteilen zwecks Beurteilung deren Widerstandsfähigkeit gegen ruhig wirkende statische Belastungen im Gegensatz zu… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Hydrostatisches Paradoxon — Der Flüssigkeitsdruck am Boden (rot; alle gleich groß) ist in allen drei Gefäßen paradoxerweise identisch, obwohl der normale Menschenverstand erwartet, dass er im linken Gefäß geringer ist als im rechten. Das Hydrostatische Paradoxon (auch… …   Deutsch Wikipedia

  • Materialprüfung — (hierzu Tafel »Materialprüfung I u. II«), die Feststellung der Eigenschaften von Materialien, von denen ihre Brauchbarkeit, Anwendbarkeit, Dauer, Haltbarkeit oder der Gebrauchswert in gesundheitlicher, ökonomischer und konstruktiver Hinsicht… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Drahtprüfungen — erstrecken sich in der Regel auf Zerreißversuche und Biegeproben, außerdem bei Telegraphendrähten auf Verwindungsproben und auf die Ermittlung des elektrischen Leitungsvermögens und bei verzinkten Drähten auf die Bestimmung der Festigkeit und… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Hohlzylinder — erfordern aus Festigkeitsrücksichten eine gewisse Wandstärke. Bei der Berechnung für inneren Ueberdruck sind drei Fälle zu unterscheiden: 1. Bei nicht hohem Druck (etwa bis 50 Atmosphären) nimmt man an, daß sich die Spannung in der im Verhältnis… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Härtebestimmung [1] — Härtebestimmung. Unter Härte versteht man den Widerstand, den ein Körper dem Eindringen eines andern Körpers in seine Oberfläche entgegensetzt. Dementsprechend bezeichnet die Mineralogie denjenigen von zwei Körpern als den härteren, welcher den… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Platten [1] — Platten werden hier hinsichtlich ihrer Fertigkeit als ebene, freitragende Wandungen besprochen. Ueber Anker und Auflagerplatten s. Bd. 1, S. 216 u. 355. Plattenförmige Körper finden sich an Maschinenteilen als: ebene Kessel und Zylinderboden,… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Sicherheitsventile — (safety valves; soupapes de sûreté; valvole di sicurezza), Vorrichtungen an innerem Flüssigkeitsdruck ausgesetzten Gefäßen (Kessel, Dampfzylinder, Reservoire, Rohrleitungen) zur selbsttätigen Herstellung eines teilweisen Ausströmens der… …   Enzyklopädie des Eisenbahnwesens

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”