Felssprengungen unter Wasser

Felssprengungen unter Wasser

Felssprengungen unter Wasser (hierzu die gleichnamigen Tafeln I u. II) sind in großem Umfang erst nach Erfindung des Dynamits als Sprengmittel zur Ausführung gekommen. Schießpulverladungen sind vor dem Naßwerden zu schützen. Gewöhnliche Dynamite sind wenig, gewisse starke Dynamite sind gar nicht gegen Nässe empfindlich. Im allgemeinen verwendet man stärkere Ladungen als im Trocknen, um den Felsen in möglichst kleine Stücke zu zerschießen, die sich leicht ausbaggern lassen. Scharf vorspringende Felsköpfe in tiefem Wasser zerstört man, indem an ihrer Oberfläche Nitroglyzerin- oder Dynamitladungen in Zinnflaschen durch Elektrizität entzündet werden. Bei Felsbänken von größerer Flächenausdehnung, wo solche Oberflächenschüsse zu wenig wirken, stellt man mittels Tauchervorrichtungen oder mit Bohrmaschinen ausgerüsteter Schiffe (Bohrschiffe) kleine Minen her. Großartige und sinnreiche Einrichtungen fanden sich bei der Regelung der Stromschnellen in der untern Donau zwischen Stenka und Orsowa. Die Felsbrecher (Tafel I, Fig. 1) sind eiserne Meißel (E) mit Stahlschneide, 9 m lang und 10 Ton. schwer, die man durch Dampfwinden hebt und dann frei fallen läßt. Das Schiff, das die ganze Einrichtung trägt, liegt an einem Hauptanker, einem rückwärtigen und vier Nebenankern, so daß es beliebig von der Stelle bewegt werden kann. Die Bohrschiffe (Fig. 2) haben sechs Anker, zwei schwere vorn und je zwei leichte zu beiden Seiten. Die Bohrungen fanden statt bis zu 9 m Wassertiefe, die Löcher waren bis zu 6 m tief. Die Bohrer sind Kreuzbohrer an Ingersollschen Bohrmaschinen mit Dampfbetrieb. Das Gestänge ist 13 m lang, 4 cm dick, die Bohrkrone hat 6,0–7,5 cm Durchmesser, der Bohrlochabstand betrug 1,5 m, die Vorgabe 2 m. Nachdem das Bohrschiff genau an die gehörige Stelle gebracht ist, wird es festgestellt, indem man vier als Füße dienende Säulen auf den Flußgrund hinabläßt und an ihnen mittels hydraulischer Pressen das Schiff ein wenig hebt. Nachdem mit Hilfe eigner Röhren die Schüsse geladen und mit den elektrischen Zündkabeln versehen sind, wird das Schiff flott gemacht, unter vorsichtigem Schießenlassen der Kabeln etwa 100 m weit von der Sprengstelle wegbewegt, und dann erfolgt die Zündung unter Benutzung der Dynamomaschine, die auch zur Beleuchtung dient. Durchschnittlich wird auf 1 cbm Fels 1 kg Dynamit verbraucht. Ist der Fels zerklüftet und ungleich hart, und wird dabei auf Herstellung einer gleichmäßigen Sohle Gewicht gelegt, so müssen Taucherschächte mit Druckluftbetrieb verwendet werden (Tafel II, Fig. 3 u. 4). Die Taucherschächte wurden vor 120 Jahren durch Coulomb erfunden. Die Vorrichtung besteht in der Hauptsache aus der Luftschleuse A, der Taucherglocke F und der zur Verbindung beider dienenden Schachtröhre. Die Luftkammer (Caisson) ist von derselben Art wie bei den Druckluftgründungen (s. Grundbau). Der Schacht besteht entweder aus einer einfachen Röhre oder, wie bei der in Pola verwendeten Vorrichtung, aus drei Röhren, die sich, wie die Auszüge eines Fernrohrs, ineinander verschieben lassen, so daß man mit der Taucherglocke Tiefen bis zu 12 m erreichen kann. Der Schacht ist entweder, wie auf der Abbildung, in der Mitte oder, wie in Pola, am einen Ende des Schiffes angebracht. Er hängt an Ketten und wird mittels einer Dampfwinde gehoben oder gesenkt. Um dem Auftrieb entgegenzuwirken, den die Luftmasse im Schachte hervorbringt, wenn er sich nicht genau in der Mitte befindet, muß für Wasserballast J gesorgt sein. Große Felsriffe in starker Strömung hat man beseitigt, indem man an der höchsten Stelle der Bank einen geschlossenen Fangdamm errichtete, das Innere auspumpte und dann einen Schacht von gehöriger Tiefe abteufte. Von der Sohle des Schachtes aus unterhöhlte man bergmännisch die Felsbank mittels eines Netzes strahlenförmiger und konzentrischer Stollen, dergestalt, daß zuletzt nur noch eine verhältnismäßig dünne Decke auf möglichst schlanken Säulen übrigblieb. Dann wurde durch Sprengung der ganze Bau in Schutt verwandelt, den man herausbaggerte. Beim Halletts Point Riff am »Hell Gate« nächst New York reichte der geräumige Schacht bis 10 m unter Niederwasser. Die strahlenförmigen Stollen waren zusammen 1480, die konzentrischen 780 m lang. Der bergmännisch hergestellte Ausbruch betrug ungefähr 47,000 cbm. Die zuletzt übrige, im Mittel 3 m dicke Decke samt den 172 Pfeilern, worauf sie ruhte, maß noch etwa 23,000 cbm. In der Decke und namentlich in den Pfeilern wurden über 4000 Bohrlöcher angebracht und zusammen mit 24,000 kg Dynamit geladen. Die Schüsse wurden gruppenweise unter sich und die Gruppen mit den zur Batterie führenden Hauptleitungen mittels isolierter Drähte verbunden. Dann setzte man, durch einen auf den Boden des Schachtes reichenden, 30 cm weiten, gußeisernen Heber, der bei der nächsten Flut zur Wirkung kam, den ganzen Bau vorsichtig unter Wasser, um dadurch die Schüsse zu verdämmen. 300 m von der Sprengstelle war in einem bombenfesten Bau eine aus 960 Elementen bestehende Batterie untergebracht, womit die Zündung erfolgte. Die Wirkung äußerte sich durch eine mäßig hoch sich erhebende Welle. Der Bau wurde vollständig in Schutt verwandelt. Vgl. Mahler, Die Sprengtechnik (8. Aufl., Wien 1879); Rupčič, Die F. in der Donaustrecke Stenka-Eisernes Tor (Braunschw. 1897); Arnold, Regulierung der Donaukatarakte (»Zeitschrift deutscher Ingenieure« 1895); Unger, Felssprengungen im Rheinstrom (Berl. 1896); Lauer, F. bei den Regulierungsarbeiten in der Donau etc. (Wien 1900).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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