Eisenbahnfahrpläne

Eisenbahnfahrpläne

Eisenbahnfahrpläne geben eine Zusammenstellung der auf bestimmten Strecken verkehrenden Züge. 1) Für den Dienstgebrauch benutzt man graphische Fahrpläne, bei denen die Zeiteinteilung von 12 Uhr nachts bis 12 Uhr nachts in gleichmäßig voneinander entfernten Querlinien und die Entfernungen der einzelnen Stationen voneinander in senkrechten Linien aufgetragen und in das so gebildete Netz die Züge, nach ihren Verkehrszeiten (unter Beisetzung der Minutenzahl) und nach ihrer Art, Schnell-, Personen-, Eilgüter- und Güterzüge, besonders gekennzeichnet, eingetragen werden. Außerdem enthalten die graphischen E. noch für die betreffende Strecke Angaben über die kilometrischen Stationsentfernungen im einzelnen und im ganzen, die Steigungs- und die Richtungsverhältnisse der betreffenden Bahnlinie unter Angabe der größten Erhebungen und Senkungen und der kleinsten Kurven, die Ausrüstung der Stationen mit Wasserkränen, Drehscheiben, Brückenwagen, Lokomotiven, die Anzahl der Gleise u. dgl. m. Die graphischen E. sind hauptsächlich zum Dienstgebrauch der Stations- und der betriebsleitenden Beamten bestimmt; sie geben ein besonders klares und übersichtliches Bild von dem Gang der Züge, den stattfindenden Zugkreuzungen, -Überholungen etc. Das Zug- (Lokomotiv-) und Fahrpersonal benutzt E. in Buchform, nach den Nummern der Züge geordnet und unter genauer Angabe der Ankunfts- und Abfahrtszeiten sowie der eigentlichen Fahrzeiten von Station zu Station etc. 2) E. für das Publikum werden zum Aushang in Plakatform hergestellt, wobei die Stationen nur einmal, in der Mitte, ihrer Reihenfolge nach ausgeführt werden, so daß die Hinfahrtszeiten rechts von oben nach unten, die Rückfahrtszeiten links von unten nach oben abzulesen sind; die Nachtzeiten von 60 Uhr abends bis 559 Uhr morgens werden durch Unterstreichung der Minutenzahlen kenntlich gemacht. Außer den Nummern und Verkehrszeiten der einzelnen Züge, der Bezeichnung ihrer Art (Schnell-, Personenzüge) und der Zahl der von ihnen mitgeführten Wagenklassen enthalten diese Fahrpläne meist noch Angaben über den Verkehr von Schlafwagen, Erfrischungswagen, Aussichtswagen, bestehende Zuganschlüsse, Zollrevisionen u. dgl. m. Meistens wird ihnen auch ein Übersichtskärtchen des Bahnnetzes beigefügt, in dem die einzelnen Strecken zur leichtern Auffindung des Fahrplans dafür mit Nummern bezeichnet sind, die den Ordnungsnummern der Fahrpläne für die einzelnen Strecken entsprechen. Die zahlreichen amtlichen und nichtamtlichen Fahrpläne in Buchform (Kursbücher) enthalten auch Angaben über Dampfer-, Post- und Omnibusverbindungen und -Anschlüsse, Fahrpreise und meistens noch einen Auszug der wichtigsten Verkehrsbestimmungen. Während in der Sommerzeit der Personenverkehr auf den Eisenbahnen meist stärker ist als der Güterverkehr, ist im Winter gewöhnlich das Umgekehrte der Fall. Dies erfordert eine besondere Regelung der E. für den Sommer und den Winter und hat zur Feststellung zweier Fahrplanperioden geführt, von denen für die europäischen Bahnen seit 1891 die Sommerperiode die Zeit vom 1. Mai bis 30. Sept. und die Winterperiode die Zeit vom 1. Okt. bis 30. April umfaßt. Die E. für die einzelnen Bahnen müssen außer den eignen auch die Verkehrsbedürfnisse der Nachbarlinien und vor allem der großen durchgehenden Routen berücksichtigen. Zu diesem Zweck werden die E., soweit sie nicht ausschließlich den innern (Lokal-) Verkehr betreffen, vor Beginn jeder Fahrplanperiode auf Fahrplankonferenzen festgestellt, an denen sich alle größern Bahnen der europäischen Staaten (mit Ausnahme von Spanien, Portugal und Rußland, aus letzterm Staate die Warschau-Wiener Bahn) beteiligen (s. Eisenbahnkonferenzen). Als wesentlicher betriebstechnischer Grundsatz für richtige und zweckmäßige Ausstellung der E. gilt im Personenverkehr und in beschränktem Maß auch im Güterverkehr eine Trennung des durchgehenden (Fern-) Verkehrs von dem Nah- (Lokal-) Verkehr in der Weise, daß für beide besondere Züge vorgesehen werden. Die in England auf den dortigen verhältnismäßig kurzen Linien durchgeführte zeitliche Trennung des Personen- und Güterverkehrs (ersterer ist vorwiegend in die Tages-, letzterer überwiegend in die Nachtzeit verlegt) läßt sich auf dem europäischen Festlande mit seinen langen, durchgehenden Routen nicht ermöglichen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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