Deviation [1]

Deviation [1]

Deviation (lat., Derivation), »Abweichung« eines Körpers von seiner Bahn oder Richtung, z. B. in der Schießkunst die seitliche Abweichung der Geschosse aus der Schußebene (s. Flugbahn). – In der Nautik die Ablenkung der Kompaßnadel an Bord eines Schiffes aus dem magnetischen Meridian, d. h. aus der magnetischen Nord-Südrichtung; sie heißt östlich oder positiv, wenn das Nordende der abgelenkten Nadel östlich vom magnetischen Meridian fällt, westlich oder negativ, wenn es westlich von ihm zeigt. Die D. wird veranlaßt durch die Eisenmassen des Schiffes, die vom Erdmagnetismus beeinflußt werden. Der Magnetismus des zum Bau des Schiffes benutzten Eisens tritt je nach seiner Beschaffenheit und Behandlung, der Dauer und Stärke der induzierenden Wirkung als temporär induzierter oder permanenter Magnetismus auf. Der Schiffsmagnetismus prägt sich hauptsächlich während des Baues aus, wo das Schiff längere Zeit in derselben Lage liegt und die eingebauten Eisenteile in dieser Lage gehämmert werden; der hierbei induzierte Magnetismus wird durch die Bearbeitung zum Teil fixiert. Die Verteilung des Magnetismus und die Lage der magnetischen Schiffspole in solchem Schiffe sind demnach von der Baulage abhängig. Die weichen Eisenteile des Schiffes nehmen dauernden Magnetismus nicht an, sind aber der steten Induktionswirkung des Erdmagnetismus ausgesetzt. Die Einwirkung auf den Kompaß ist verschieden, je nachdem der Magnetismus dauernd »permanent«, oder flüchtig »induziert« ist. Während ersterer stets unverändert bleibt, ist die Stärke des induzierten Magnetismus von Richtung und Lage des Schiffes abhängig und ändert sich mit dem Schiffskurs. Der permanente sowie der in vertikalen Eisenmassen induzierte Magnetismus erzeugt auf den Kursen des einen Halbkreises die entgegengesetzte D. wie auf den Kursen des andern Halbkreises; der in horizontalen Eisenmassen induzierte Magnetismus dagegen bringt eine Ablenkung hervor, die mit jedem Quadranten ihr Vorzeichen ändert. Die erstere D. nennt man daher halbkreisförmige (semizirkulare), die letztere viertelkreisförmige (quadrantale). Konstante D. wird erzeugt durch unsymmetrisch um den Kompaß gelagerte weiche Eisenmassen, hat also z. T. ihren Grund in fehlerhafter Ausstellung des Kompasses. Aus diesen drei Teildeviationen setzt sich die Gesamtdeviation zusammen, die auf Holzschiffen den unbedeutenden magnetischen Kräften entsprechend nur gering und einfacher Natur ist, auf Eisenschiffen, namentlich bei ungünstiger Lage des Kompasses in der Nähe großer, besonders vertikaler Eisenmassen eine bedenkliche Größe annehmen und die Brauchbarkeit des Kompasses in Frage stellen kann. Für dessen Gebrauch muß die D. für alle Kurse bestimmt werden. Man macht mit dem Schiffe eine Kreisdrehung um eine Deviationsboje und peilt bei den verschiedenen Kursen (gewöhnlich auf allen vollen Strichen der Kompaßrose) ein entferntes Objekt an, dessen magnetische Richtung bestimmt ist; die Differenzen der letztern und der Kompaßpeilung ist gleich der D. des Kompasses auf dem betreffenden Kurs. Man kann auch die Sonne oder ein andres Gestirn zur Deviationsbestimmung benutzen, indem man die magnetische Richtung des Gestirns im Augenblick der Beobachtung berechnet. Auch schickt man wohl einen Beobachter mit einem Kompaß aus Land, stellt diesen frei von allen magnetischen Einflüssen auf und peilt nun mit dem Kompaß an Bord den an Land und gleichzeitig umgekehrt von Land den an Bord an; der Vergleich beider Peilungen ergibt die D. Wie mit dem Kurs, so ändert sich die D. auch mit der Neigung des Schiffes, da hierbei dessen magnetische Kräfte z. T. ihre Richtung und Stärke ändern. Diese Krängungsdeviation ändert sich mit der Neigung und dem Kurs. Die durch eine Neigung von 1° bei Nord- oder Südkurs erzeugte Deviationsänderung wird Krängungskoeffizient genannt; derselbe wird durch Neigen des Schiffes oder durch andre magnetische Beobachtungen ermittelt. Die D. ändert sich mit der Zeit, da, namentlich im ersten Zeitraum nach dem Stapellauf, der beim Bau eingehämmerte Schiffsmagnetismus z. T. wieder schwindet, ferner mit der geographischen Breite, da die Elemente des Erdmagnetismus und mit diesen sowohl die die Kompaßnadel im magnetischen Meridian festhaltende Kraft als auch der in den Eisenteilen des Schiffes induzierte Magnetismus wechseln. Unregelmäßige und starke Deviationsänderungen entstehen durch heftige Erschütterungen (Auslaufen auf Grund, beim Schießen mit Geschützen), da sie die Struktur des Eisens und damit sein magnetisches Verhalten verändern. Ähnlich verhält sich das Schiff bei Blitzschlägen, die seinen Magnetismus umwandeln können. Da auch Änderungen in der Eisenverteilung im Schiff sowie Temperaturveränderung (namentlich bei Dampfschiffen) Deviationsänderungen zur Folge haben, so erhellt, daß die D. fortwährend überwacht werden muß.

Da große Deviationsbeträge unbequem und störend für die Schiffahrt sind, so sucht man die D. durch künstliche Mittel aufzuheben oder zu verringern. Dies geschieht durch Einführung magnetischer Kräfte, die in gleicher Stärke, aber entgegengesetzter Richtung wirken wie die magnetischen Kräfte des Schiffes. Der permanente Schiffsmagnetismus und die semizirkulare D. wird durch Stahlmagnete kompensiert, die horizontal unter der Kompaßrose angebracht werden, die quadrantale D. durch weiche, seitwärts vom Kompaß gelagerte Eisenkörper (Kugel, Zylinder), der Krängungsfehler durch einen kleinen, unter der Mitte der Kompaßrose stehenden Stahlmagneten. Deviationstabellen zeigen die Größe der D. und geben für jeden Kompaßkurs den für D. verbesserten magnetischen Kurs an. Dygogramm (Dynamogoniogramm) ist ein Diagramm, das die Wirkung der einzelnen Kräfte, aus denen sich die Gesamtdeviation zusammensetzt, erkennen läßt. Vgl. Rottok, Die Deviationstheorie und ihre Anwendung in der Praxis (Berl. 1881); Collet, Traité de la régulation etc. des compas (2. Aufl., Par. 1886); »Der Kompaß an Bord, ein Handbuch für Führer von eisernen Schiffen« (hrsg. von der Deutschen Seewarte, Hamb. 1889).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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