Buntpapier

Buntpapier

Buntpapier, auf einer oder auf beiden Seiten mit einem ein- oder mehrfarbigen Überzug versehenes Papier. Bei dem einfarbigen B. wird die Farbe mit Bürsten aufgetragen und gleichmäßig ausgebreitet; das gemusterte Papier wurde früher ausschließlich mit Handformen bedruckt, jetzt benutzt man im Großbetrieb Maschinen, die endloses Papier, wie zu Tapeten (s.d.), verarbeiten. Manche Sorten von B. erhalten mittels gravierter Walzen eine Pressung, um sie z. B. dem Chagrin ähnlich zu machen. Zur Darstellung von Velour- oder Samtpapier wird das weiße Papier mit einem leicht trocknenden Firnis überzogen und, solange letzterer noch klebt, mit farbigem Wollstaub bedeckt. Den höchsten Glanz erhält B. durch Überziehen mit Gelatine. Die größte Mannigfaltigkeit bieten die gemusterten Buntpapiere (Marmorpapiere), die man durch Aufbringen von Tropfen aus flüssigen, mit Klebstoff versehenen verschiedenen Farben auf das Papier erhält, die in sich verlaufen oder durch Kämme oder Bürsten gezogen, je nach Wahl der Farben und der erzeugten Figuren die zahlreichen Benennungen begründen: Syenit, Achat, Leopard, Pfauenauge, Büschelmarmor, Phantasie, Marokko, Türkisch, Antik, Wanda, Kammmarmor, Schleppmarmor, Iris etc. – Im 17. und 18. Jahrh. war das Verfahren zur Herstellung der Buntpapiere im großen und ganzen dasselbe wie heute. Nur die Buntpapiere vom Anfang des 17. Jahrh. scheinen z. T. mit einzelnen Metallstempeln bedruckt zu sein. Um Stempel zu sparen, sind die Rankenmuster mit derselben sich wiederholenden Platte gedruckt, die eingestreuten Figuren, Tiere, Embleme etc., um möglichste Mannigfaltigkeit zu erzeugen, mit besondern Stempeln. Auch Schablonen scheint man verwendet zu haben. Die »türkischen« Papiere, eine besonders beliebte, zum Auskleben von Schränken, Schubladen etc. vielgebrauchte Art, wurden durch Auflegen der Papiere auf einen zähen Farbenbrei hergestellt; beim Abnehmen der Bogen zog sich die Farbe und bildete so geflammte Muster. Da die Herstellung der Buntpapiere nicht zünftig war, konnte jedermann sie ausüben. Daher fertigten namentlich die Kattundrucker, z. T. mit den beim Kattundruck abgenutzten Holzmodeln, Buntpapiere an (Kattunpapiere), die später alle andern Sorten B. verdrängten, aber auch die Buchbinder stellten sich ihren Bedarf teilweise selbst her. Verbreitet war im 18. Jahrh. die Herstellung der Buntpapiere auf den Jahrmärkten durch Frauen, die den ganzen Apparat zur Stelle brachten und unter lautem Geschrei farbige Papiere herstellten und verkauften. Die ältesten bedruckten Buntpapiere stammen aus dem Anfang des 17. Jahrh., ihr Gebrauch war namentlich im 18. Jahrh. sehr ausgedehnt; später verfiel die Fabrikation, als überhaupt der Sinn für farbigen Schmuck erlosch, und erst infolge der allgemeinen Hebung des Geschmacks und der Nachfrage nach B. als Vorsatzpapier für Buchbinder fertigt man in Deutschland und Frankreich wiederum künstlerisch verzierte Buntpapiere. In neuester Zeit ist das B. von Ostasien (China und hauptsächlich Japan) in Europa stark in Aufnahme gekommen. Vgl. Exner, Die Tapeten- und Buntpapierindustrie (Weim. 1869); Seemann, Die Tapete (Wien 1882); Schubert, Papierverarbeitung, Bd. 2 (Berl. 1902); Boeck, Die Marmorierkunst (2. Aufl., Wien 1891).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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