- Takt
Takt (ital. Tempo, franz Mesure), die Regelung der Tonbewegung durch Einhaltung eines einfachen Wechsels schwerer (akzentuierter) und leichter Zeiteinheiten (Zählzeiten, Schlagzeiten), die aber in kleinere Werte gespalten oder zu längern zusammengezogen werden können. Eigentlich gibt es nur zwei Taktarten, den geraden oder gleichen T., bei dem die schwere und die leichte Zeit gleich lang sind, und den ungeraden oder ungleichen T. (Tripeltakt), bei dem die schwere Zeit doppelt so lang ist wie die leichte. Je nachdem Achtel, Viertel oder Halbe, ja Ganze als Zählzeiten genommen werden, ergibt sich hieraus bereits eine größere Zahl verschieden aussehender Taktarten; noch andre entstehen durch Vereinigung von je zwei oder je drei einfachen Takten zu einem zusammengesetzten T., z. B. 2 × 3/4 = 6/4, sowie durch Unterdreiteilung der Zählzeiten, die stets vorgezeichnet wird, z. B. 4/4 T. mit Teilung jeder Zeit in drei Achtel = 12/8. Gerade Taktarten sind: 2/4, (2/2 Allabreve, s. d.), (2/1, 4/2, großes Allabreve) 2/8, aber auch 6/8, 6/16, 6/4; (4/4) 12/8, 24/16, etc., ungerade 3/4, 3/8, 3/2, 3/1, 9/8, 9/4, 9/16 18/16, 27/16, 36/32 etc. Die einzelnen Takte sind in der Notenschrift durch die Taktstriche abgegrenzt; der Taktstrich steht stets vor der schwersten Zeit des Taktes. – Im psychologischen Sinne bezeichnet T. die Fähigkeit, in jeder gegebenen Lage sein Verhalten so einzurichten, daß es nicht nur den allgemeinen Regeln der Sittlichkeit und Sitte, son dern auch den feinern, nicht auf Regeln zurückführbaren Forderungen des ethischen und ästhetischen Gefühls genügt. Wohltätigkeit ist an sich sittlich lobenswert, aber es ist taktlos, sie vor den Augen aller und überhaupt so zu üben, daß der Abstand zwischen dem Gebenden und Nehmenden stark hervortritt; zu lachen, während andre weinen, ist an sich erlaubt, aber es ist taktlos, es in einer Trauerversammlung zu tun. Es kann jemand ein achtungswerter, ja sittlich guter Charakter sein und doch, hauptsächlich in den Handlungen, die sittlich gleichgültig sind, des Taktes entbehren. Auch läßt sich dieser, da er seiner Natur nach selbst ein Ausfluß eines sein entwickelten Gefühlslebens ist (»Zartgefühl«), nicht äußerlich beibringen, sondern er beruht auf angeborner Anlage, die durch Erziehung und Vorbild nur entwickelt wird. Dadurch erklärt es sich, daß T. dem weiblichen Geschlecht im allgemeinen in höherm Grad eigen ist als dem männlichen. Vgl. Schicklich.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.