- Tür
Tür, Verschlußvorrichtung einer Durchgangsöffnung in einer Wand; auch diese Öffnung selbst. Die ältesten Türen geschichtlicher Zeit bestanden aus Holz und waren zum Schutz gegen Zerstörung oft mit Metallblechen verziert oder ganz bekleidet. Später kamen neben ganz getriebenen Türen Erzgußtüren in Anwendung. Berühmt sind die Domtüren in Aachen, noch aus karolingischer Zeit, mit glatten Außenseiten, die Barnwardstüren in Hildesheim und die Türen in Augsburg, letztere mit figürlichen Darstellungen aus dem 11. Jahrh. Ferner gleichzeitig, besonders aber im spätern, gotischen Mittelalter, waren Brettertüren, meist verdoppelt, mit Eisenbeschlägen in Gebrauch (Notre-Dame in Paris, Elisabethkirche in Marburg und zahllose andre). (S. Tafel »Schmiedekunst I«, Fig. 14, 17, 18, 21 u. 22.) Schon im Mittelalter, besonders aber in der Renaissance, benutzte man aus Rahmenwerk und Füllungen zusammengesetzte Innentüren. Kleinere Öffnungen werden mit einflügeligen, größere mit zwei- und mehrflügeligen Türen, auch mit Schiebetüren, d. h. Türflügeln, die auf Rollen laufen und seitlich in Mauerschütze geschoben werden, geschlossen. Steinerne Türeinfassungen, die meist bei Außentüren auftreten, erhalten, wie in der Antike, das Gepräge eines in die Wand eingestellten und meist vor diese vortretenden, die Türöffnung einrahmenden Architekturgerüstes, oder die T. wird in mittelalterlicher Weise nur als Einschnitt in die Wand aufgefaßt, und die Türeinfassung besteht dann im wesentlichen in einer mehr oder weniger reich ausgebildeten Leibung. Bei Bogentüren wird entweder die ganze Öffnung durch den oder die Flügel ausgefüllt, oder es wird ein wagerechter Sturz eingeschoben und das Bogenfeld durch einen meist reliefgeschmückten Stein oder durch ein Türlicht geschlossen. Bildet die steinerne Türeinfassung einen wesentlichen Teil der Frontarchitektur eines Gebäudes, so fällt sie mehr unter den Begriff des Portals (s. d.). Hölzerne Türen pflegt man mit Futter und Bekleidung zu versehen. Mit dem Futter ist die Leibung ausgekleidet; die Bekleidung umrahmt die Türöffnung. Oft tritt noch eine Verdachung (Türkrönung) oder Sopraporte (s. d.) hinzu. Türen, die nicht in einen Falz schlagen, sondern sich nach zwei Seiten bewegen sollen, sogen. Pendeltüren, benutzt man gern für Windfänge. Als Windfangtüren, und zwar zur Erzielung vollkommenen Abschlusses gegen Zug, verwendet man auch vierflügelige Drehtüren, bei denen im Sinne der Drehkreuze (s. d.) eine Person nach der andern in das Haus oder den Raum hinein und aus ihm heraus geschleust wird. Zur Ermöglichung schnellster Entleerung des Raumes oder Hauses von den darin befindlichen Menschen wird die Drehtür mit einem Mechanismus versehen, der sofortige Freimachung der ganzen Türöffnung gestattet. Um die Türen selbstschließend zu machen, benutzt man Türzuwerfer, die durch Gewichte, Federkraft oder Luftdruck in Wirkung gesetzt werden. Man zwingt auch die T. durch besondere Vorrichtungen oder entsprechende Anordnung der Bänder beim Öffnen zu einer Aufwärtsbewegung und bewirkt dadurch ihr selbsttätiges Zufallen. Das geräuschvolle Zuschlagen der Türen vermeiden die Türzuschlaghinderer.
Bei dieser Vorkehrung ist die kräftige, in ein trommelförmiges Gehäuse eingeschlossene und am Türrahmen befestigte Zuschlagfeder a (s. Abbild.) durch einen Hebel b gelenkförmig mit der Kolbenstange eines mit Glyzerin oder Luft gefüllten Zylinders c verbunden, welche die bremsende Wirkung ausübt. Ein Übelstand, der anfangs darin bestand, daß die Vorkehrung ein gewaltsames Schließen der T. nicht vertrug, ist neuerdings durch eine Vervollkommnung gehoben, die in der Einschaltung eines nachgiebigen Gliedes zwischen T. und Türschließer besteht. Die hauptsächlichste Verschlußvorrichtung der T. ist das Schloß, das im Mittelalter, ähnlich wie die Bänder künstlerisch reich und trefflich behandelt, der T. als breites, allerdings oft schwerfälliges Kastenschloß aufgelegt war, heute dagegen unter Zurückdrängung der Kunstform einen zu großer Vollkommenheit gebrachten Mechanismus zeigt. Zuziehringe oder -Knöpfe, Zierknöpfe auf den Rahmenkreuzungen, Türklopfer und bei Glastüren Schutzgitter aller Art vervollständigen oft den Beschlag oder die Ausrüstung der Türen. Über feuersichere Türen s. Feuersichere Baukonstruktionen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.