Straßenunterhaltung

Straßenunterhaltung

Straßenunterhaltung, die Gesamtheit der Maßregeln zur Unterhaltung der Straßen in brauchbarem Zustand. Dahin gehören Vorschriften zur Fernhaltung jeder Schaden bringenden Benutzung der Straßen, z. B. Vorschriften über Radbelastung und Felgenbreite der Räder, ferner die Reinigung der Straßen und Wiederersatz der abgenutzten oder sonst zu Verlust gegangenen Teile des Oberbaues. Zur Reinigung dienen Krücken, Besen oder Bürsten und, namentlich in Städten, Maschinen. Straßenkehrmaschinen (Kehrmaschinen) wurden zuerst am Ende der 20er Jahre des 19. Jahrh. in England eingeführt; sie ahmen das Kehren mit Handbesen oder Krücken nach, und das arbeitende Werkzeug macht eine fast geradlinige oder schwingende fortschreitende Bewegung, oder das Bürsten- und Besensystem arbeitet bei rotierender Bewegung, oder es wird der Besen wie eine endlose Kette in eine geradlinig fortschreitende und gleichzeitig drehende Bewegung versetzt. Die Maschinen der ersten Klasse sind am wenigsten brauchbar, die zweite Klasse zählt die meisten Konstruktionen, sie gleichen einem zweiräderigen Wagen mit einer hinter den Rädern schrägliegenden Zylinderbürste, die den Schmutz in geradlinige Häufelstreifen zusammenkehrt. Die Zylinderbürste wird von dem einen Laufrad ab mittels konischer Räder und durch Benutzung eines Hookschen Gelenks bewegt. Diese Maschine kehrt in einer Stunde 3000 qm nach vorhergehender Besprengung und ersetzt die Arbeit von 15 Leuten. Man läßt sie in verkehrreichen Straßen in der Regel während der Nacht arbeiten. Bisweilen wird die Bürste umstellbar gemacht, auch bringt man Vorrichtungen zum Besprengen der Straße und zum Aufladen des Kehrichts an. Zur dritten Klasse gehören die Maschinen, bei denen das Besensystem ein schrägliegendes Paternosterwerk bildet, das den Schmutz auf einer festen schiefen Ebene aufwärts schiebt und einem Sammelkasten übergibt, während eine Brause die Straße schwach befeuchtet. Asphaltstraßen, die zur Vermeidung einer für die Pferde gefährlichen Schlüpfrigkeit, besonders bei feuchtem Wetter, sehr sorgfältiger Reinigung bedürfen, werden während des Verkehrs beständig nach dem Besprengen vom frisch gefallenen Pferdemist befreit und mit einer langen Kautschukschiene, die quer an einem langen Besenstiel befestigt ist, abgewischt. Straßenwaschmaschinen haben statt der Bürste der Kehrmaschinen eine Schnecke aus Gummiplatten. Auf Chausseen benutzt man Abziehmaschinen, die im wesentlichen den Straßenkehrmaschinen gleichen, aber statt der Bürstenwalze eine Reihe schmaler Schabeisen besitzen, die durch Federn auf die Straße niedergedrückt werden und den steifen Chausseeschmutz seitlich von der Maschine in Streifen zusammenschieben. Zur Vermeidung des Staubes werden die Straßen gesprengt und beständig feucht erhalten. Man benutzt dazu Sprengwagen mit einem Kessel, der 1–2 cbm Wasser enthält und an dessen hinterm Teil ein horizontales, an den Enden umgebogenes Sprengrohr liegt. Statt des letztern werden auch Schwenkschläuche mit Brausekopf, rotierende Sprengscheiben und andre Vorrichtungen angewandt. Auch benutzt man an die Hydranten der Wasserleitung angeschraubte, auf Rädern laufende Sprengschläuche (Rollschläuche). Schlauchtrommelwagen gestatten eine ununterbrochene Besprengung auch während der Verlängerung oder Verkürzung des sich ab- oder aufrollenden Schlauches. In Seestädten hat man die Straßen mit Meerwasser besprengt, doch scheint dies gesundheitlich nicht unbedenklich zu sein. Auch ist versucht worden, dem Sprengwasser hygroskopische Salze (Chlormagnesium, Chlorcalcium) zuzusetzen, um die Wirkung des Sprengens zu verlängern. In Kalifornien und Texas hat man durch Besprengen der Straßen mit Rohpetroleum sehr gute Resultate in bezug auf Unterdrückung des Staubes erzielt, in Europa, wo das Petroleum zu teuer ist, hat man die Landstraßen mit Steinkohlenteer und gewissen Präparaten, wie Asphaltin, Westrumit und Duralit, behandelt und zum Teil sehr befriedigende Erfolge erzielt.

Große Schwierigkeiten verursacht die Beseitigung des Schnees, die besonders in Straßen mit Gleisen sehr gründlich geschehen muß. Namentlich auf Landstraßen bahnt man den Weg durch Anwendung eines Schneepfluges, in den Städten werden verbesserte Konstruktionen, auch Abziehmaschinen, angewandt. Die Abfuhr ist sehr kostspielig, Versuche, den Schnee durch Dampf zu schmelzen, sind mehrfach gemacht worden, doch hat bisher keine Methode Eingang in die Praxis gefunden. In New York, wo die Blizzards jährlich große Verkehrsstockungen verursachen, schmilzt man den Schnee durch an den Bordschwellen liegende Dampfröhren und läßt das Wasser in die Sammelkanäle der Kanalisation fließen. Ein solches Versenken des Schnees in die Abzugskanäle oder in den Fluß ist aber immerhin bedenklich und ebenso das Schmelzen durch Aufstreuen von Salz, das meist auf die Gleise der Straßenbahnen beschränkt werden muß, jedenfalls, da die Salzlösung das Schuhwerk stark angreift, auf Fußsteigen nicht zu dulden ist.

Ein wesentlicher Teil der S. besteht in dem Wiederersatz der abgenutzten Teile. Auf Schotterstraßen arbeitet man, abgesehen von einfachen Unterhaltungsarbeiten, nach dem Flicksystem, bei dem die Dichtung des stellenweise aufgebrachten Schotters den Fahrzeugen überlassen wird, oder nach dem Decksystem, das die einfachen Unterhaltungsarbeiten so lange wie möglich ausführt, dann aber den normalmäßigen Straßenquerschnitt durch eine Art Neubau unter Anwendung von Straßenwalzen auf einmal wiederherstellt. Das Flicksystem hat so viele Nachteile (Schädigung der Fuhrwerke., Verlust von Material durch Zerdrücken, geringe Festigkeit der geflickten Stelle), daß es mehr und mehr durch das Decksystem ersetzt wird. Gepflasterte Straßen werden so lange wie möglich ausgebessert und dann neu gepflastert, auch Asphaltstraßen können an beschädigten Stellen ausgebessert werden. Vgl. Baumeister, Städtisches Straßenwesen und Städtereinigung (im »Handbuch der Baukunde«, Berl. 1890); Stritzl, Über Straßenreinigung der Städte (Wien 1893); Brandenburg, Die Teerung der chaussierten Straßen (Berl. 1905); auch die Literatur bei den Artikeln »Straßenbau« und »Städtereinigung«.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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