- Rhizōm
Rhizōm (griech., Wurzelstock, auch Grundachse, Erdstamm), bei ausdauernden Kräutern der unterirdische, überwinternde Sproßabschnitt, der meist mit schuppen- oder scheidenförmigen, fleischigen oder häutigen Niederblättern besetzt ist (Niederblattstengel) und mehr oder minder zahlreiche Neben wurzeln trägt (Fig. 1). Aus seinen End- oder Seitenknospen entwickeln sich alljährlich neue Sprosse, die als Laubtriebe oder Blütenstengel über die Erde treten.
Durch die Rhizombildung vermag sich die Pflanze den Wirkungen niedriger Temperatur während des Winters oder periodischer, großer Trockenheit zu entziehen, sie ist deshalb besonders bei Hochgebirgspflanzen sowie den Gewächsen des arktischen und Steppengebiets sehr häufig. Bei vielen Pflanzen kriecht das R. horizontal im Boden und erreicht oft beträchtliche Länge, z. B. bei Convallaria multiflora (Fig. 2) und besonders bei der Quecke, Triticum repens (Fig. 3), deren Triebe an den Spitzen einen starren, aus hornartigen Niederblättern bestehenden Kegel bilden und mit diesem selbst harten Lehmboden durchbohren. Auch haben die Zweige des R. bisweilen die Neigung, ähnlich wie Wurzeln schief abwärts zu wachsen, wodurch es seine normale Tiefenlage im Erdreich gewinnt. Bei andern Pflanzen steht es gerade oder schief aufrecht im Boden und wächst äußerst langsam in die Länge, aber dafür verdickt es sich oft oder bestockt sich durch Seitensprosse um so stärker.
Bei vielen Pflanzen ist das R. mehr oder minder reich verzweigt, und dann entwickelt meist jeder Zweig an seiner Spitze zu gewisser Zeit einen oberirdischen Sproß. Bisweilen ist es scheinbar unverzweigt, aber dann gewöhnlich als Sympodium entwickelt, indem seine Endknospe als oberirdischer Sproß aufwächst und später abstirbt, während eine Seitenknospe das R. in der frühern Richtung fortbildet. In der Regel sterben die ältesten Teile des Wurzelstockes in dem Maß ab, als er sich an seiner Spitze verjüngt. Daher erreicht er auch nach vielen Jahren doch nicht, wie andre vieljährige Stengelorgane, stetig größere Dimensionen; er ist nur inzwischen ein andrer geworden.
Manche Pflanzen, wie z. B. die Pestwurz (Petasites), schicken zweierlei Sprosse über die Erde; zuerst Blütensprosse, die mit schuppigen Niederblättern besetzt sind, und später blütenlose Blattsprosse. Zur biologischen Aufgabe des Rhizoms gehört auch die Aufspeicherung von Reservestoffen, die durch die Assimilationstätigkeit der grünen, oberirdischen Sprosse alljährlich erzeugt und in den unterirdischen Teilen abgelagert werden. Dieser Aufgabe entspricht auch ihr anatomischer Bau (s. Speichergewebe).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.