- Optimismus
Optimismus (v. lat. optimus, der Beste) als Gegensatz des Pessimismus (s. d.) im allgemeinen die Neigung, Dinge und Verhältnisse als gut vorauszusetzen. Soweit derselbe (als Stimmungsoptimismus) aus subjektiven Motiven (dem Naturell oder Temperament, der zufälligen Lebenslage etc.) hervorgeht (wie der O. der Jugend, des Glücklichen etc.), hat er so wenig wie die entsprechende Art des Pessimismus ein Recht, sich als allgemeingültige Weltanschauung auszugeben. Im populären Sprachgebrauch verknüpft man daher mit dem Begriff des O. oft geradezu den der Selbsttäuschung und versteht unter einem Optimisten einen Menschen, der gegenwärtige oder zukünftige Zustände für besser ansieht, als sie wirklich sind, und sich in trügerischen Hoffnungen wiegt. Als theoretische Lehrmeinung kann der O. sich als metaphysischer auf die Weltordnung überhaupt oder als ethischer, bez. geschichtsphilosophischer auf das Wesen und die Zukunft des Menschen beziehen. Der Begründer des modernen O. ist Leibniz, der in seiner »Theodicee« zu beweisen suchte, daß Gott unter allen möglichen Welten die beste verwirklicht habe, und dem einzelnen Menschen wie der Menschheit im ganzen eine unbeschränkte Vervollkommnungsfähigkeit zuschrieb. Diese Ansicht beherrschte das Zeitalter der Aufklärung, wo sie in Deutschland durch Lessing, Herder und Kant, in Frankreich durch Condorcet und Rousseau weiter entwickelt wurde (mit dem Unterschiede, daß jene den Fortschritt von dem Siege der Vernunft über das Unvernünftige, diese von dem Siege der Natur über die Unnatur erwarteten), sie ging von da aus in die geschichtsphilosophischen Lehren des Positivismus (Comte, s. d.) und des Sozialismus über und wurde durch Spencer (s. d.) mit dem naturwissenschaftlichen Entwickelungsgedanken in Verbindung gesetzt. In der Philosophie Fichtes tritt uns ein wesentlich ethischer O. entgegen (Glaube an die Realisierbarkeit der sittlichen Ideale), während Hegel einen abstrakten metaphysischen O. vertritt (das Vernünftige gelangt unfehlbar zur Verwirklichung, und alles Wirkliche ist vernünftig). Vgl. J. Duboc, Der O. als Weltanschauung (Bonn 1881); Dühring, Der Wert des Lebens (5. Aufl., Leipz. 1904); Hilty, Das Glück (Frauenfeld 1891–99, 3 Tle., in zahlreichen Auflagen); L. Stein, Der soziale O. (Jena 1905).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.