- Neptūn [1]
Neptūn, der äußerste bekannte Planet, mit dessen Auffindung die Wissenschaft einen ihrer größten Triumphe gefeiert hat, weil rein theoretische Untersuchungen dazu geführt haben, Masse und Ort des vorher unbekannten Himmelskörpers anzugeben. Unregelmäßigkeiten, die sich in der Bewegung des 1781 entdeckten Uranus herausstellten und durch die Störungen der bekannten Planeten nicht zu erklären waren, führten verschiedene Astronomen zu der Überzeugung von der Existenz eines noch unbekannten Planeten jenseit des Uranus. Bessel sprach zuerst 1823 diese Ansicht aus und veranlaßte 1838 Flemming zu Vorarbeiten zur Berechnung der Elemente dieses Himmelskörpers, indessen hinderte Kränklichkeit Bessel an der weitern Verfolgung dieser Idee. Die wirkliche Lösung der Aufgabe erfolgte ganz selbständig von zwei Seiten: durch den Engländer Adams und den Franzosen Leverrier. Der erstere legte schon im September 1845 Challis in Cambridge die ersten Resultate seiner Rechnungen vor, und im Oktober sandte er dieselben auch an Airy in Greenwich. An die Öffentlichkeit trat Adams mit seiner Arbeit erst 1847. Challis suchte auf Grund der Adamsschen Angaben nach dem Planeten, und es gelang ihm auch, wie später festgestellt wurde, denselben am 4. und 12. Aug. 1846 zu beobachten, doch erkannte er damals die planetarische Natur desselben nicht. Leverrier in Paris sing auf Anregung Aragos im Sommer 1845 an, sich mit der Uranustheorie zu beschäftigen, und seit 10. Nov. 1845 teilte er seine Resultate der Pariser Akademie mit. Am 18. Sept. 1846 richtete er auch an Galle, damals Observator der Berliner Sternwarte, das Ersuchen, an einer von ihm näher bezeichneten Stelle des Himmels nach dem berechneten Planeten zu suchen, den er namentlich an seinem auf 3´´ geschätzten scheinbaren Durchmesser für kenntlich hielt. Galle empfing das Schreiben Leverriers 23. Sept. und fand noch am Abend desselben Tages mit Hilfe des von Bremiker soeben vollendeten Blattes 21° der »Akademischen Sternkarten« nahe an der von Leverrier bezeichneten Stelle ein Sternchen achter Größe, das auf der Karte fehlte. Am nächsten Abend stellte sich eine Ortsveränderung unzweifelhaft heraus, und damit war die planetarische Natur des beobachteten Sternes dargetan. Da, wie bald festgestellt wurde, derselbe schon 1795 als Fixstern von Lalande beobachtet worden war, so war man auch bald imstande, seine Elemente zu bestimmen. Die Exzentrizität der Bahn des N. beträgt nur 0,00853, d.h. etwa 1/111 der halben großen Achse, wonach die Neptunbahn nächst der Venusbahn sich am meisten dem Kreis nähert. Die Neigung derselben gegen die Ekliptik beträgt 1°46´44´´. Die mittlere Entfernung des N. von der Sonne ist 30,07067 Sonnenweiten = 4496 Mill. km. Er durchläuft seine Bahn in 164 Jahren 287 Tagen mit ungefähr einem Fünftel der Geschwindigkeit der Erde. Sein mittlerer scheinbarer Durchmesser beträgt 2,4´´, sein wahrer 43,600 km. Er erscheint am Himmel als ein Stern 7.–8. Größe. Seine Masse beträgt 1/19313 der Sonnenmasse, seine Dichte 0,44 von der der Erde. Das Studium seiner Oberflächenbeschaffenheit ist bei der Kleinheit seines Durchmessers fast unmöglich und ist daher auch über seine Rotation nichts bekannt. Am 7. Juli 1847 entdeckte Lassell einen Mond des N., der 321,000 km von letzterm entfernt ist, und dessen siderische Umlaufszeit 5 Tage 21 Stunden beträgt; die Bewegung in seiner Bahn ist rückläufig, also der son stim Sonnensystem herrschenden Richtung entgegengesetzt, und die Neigung seiner Bahn gegen die Ekliptik beträgt 37°, nimmt aber in 30 Jahren um etwa 5° zu, was nach Tisserand auf eine Abplattung des N. von 1/100 schließen läßt, nach neuern Beobachtungen beträgt dieselbe sogar 1/45.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.