- Muret [2]
Muret (spr. mürä), 1) Marc Antoine (lat. Muretus), Humanist, geb. 12. April 1526 in Muret bei Limoges, gest. 4. Juni 1585 in Rom, lehrte, 18 Jahre alt, in Auch, dann in Bordeaux, Paris und Toulouse, mußte infolge seines unzüchtigen Lebens Frankreich verlassen, lebte seit 1554 abwechselnd in Venedig und Padua, bis ihn der Kardinal Hippolyt von Este zu sich nach Rom einlud, wo M. seit 1563 öffentliche Vorträge über griechische und lateinische Klassiker, später über das bürgerliche Recht hielt, ließ sich 1576 zum Priester weihen und gab 1584 seine Lehrstelle auf. M. ist bewundernswert durch seine Lehrtätigkeit und die klassische Latinität seiner Schriften. Wir erwähnen seine »Orationes«, größtenteils Eingangsreden zu seinen Vorlesungen, die »Epistolae« und die »Variae lectiones« (Vened. 1559; von Wolf und Fäsi, Halle 1791–1828, 2 Bde.). Auch besorgte er Ausgaben römischer Klassiker. Seine gesammelten Werke wurden zuletzt von Ruhnken (Leid. 1789, 4 Bde.), sodann von Frotscher und Koch (Leipz. 1834–41, 3 Bde.), seine »Scripta selecta« von Kayser (Heidelb. 1809) und von Frey (Leipz. 1871–73, 2 Bde.) herausgegeben. Vgl. Dejob, Marc-Antoine M. (Par. 1881).
2) Eduard, Lexikograph, geb. 31. Aug. 1833 in Berlin, gest. 1. Juli 1904 in Großlichterfelde, war 1864–99 Lehrer an der Luisenschule in Berlin. Ende der 1860er Jahre gewann ihn der bekannte Herausgeber neusprachlicher Unterrichtswerke G. Langenscheidt (s. d.) für die Bearbeitung eines großen »Enzyklopädischen englisch-deutschen Wörterbuches«, das ein Seitenstück zu dem französisch-deutschen von Sachs-Villatte bilden sollte. M. verwandte zwanzigjährige Arbeit auf die erste Handschrift seines Wörterbuches und unternahm nachträglich die Riesenaufgabe einer Neubearbeitung, als Murrays »New English Dictionary« (Lond. 1884 ff.) und das amerikanische »Century Dictionary« (New York 1889–91) zu erscheinen begannen. Die Drucklegung des (4828 Folioseiten umfassenden) Muretschen Wörterbuches wurde 1891 bis 1901 vollendet, nachdem die Bearbeitung des zweiten, deutsch-englischen Teiles von Daniel Sanders (gest. 1897), Immanuel Schmidt (gest. 1900) und Cornelis Stoffel unternommen worden war. Außer diesem großen Wörterbuch hat M. noch zwei kleinere (englisch-deutsche u. deutsch-englische) herausgegeben: ein »Taschenwörterbuch« (zuerst »Notwörterbuch« genannt) und ein »Hand- und Schulwörterbuch«, beide ebenfalls bearbeitet nach der Langenscheidtschen Aussprachezeichenmethode. Einer französischen Refugiésfamilie entsprossen, gab M. unter anderm auch eine »Geschichte der französischen Kolonie in Brandenburg-Preußen« (Berl. 1885) und als Jubiläumsschrift eine »Geschichte des Kinderhospizes der französischreformierten Gemeinde in Berlin« (das. 1894) heraus.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.