- Männerkindbett
Männerkindbett (Couvade), eine fast über die ganze Welt verbreitete Sitte der Naturvölker, nach welcher der Vater nach der Geburt eines Kindes sich wochenlang ins Bett legt, die Glückwünsche empfängt und sich ganz wie eine Wöchnerin behandeln läßt, während diese selbst bald aufstehen und die häuslichen Geschäfte besorgen muß. Der Name couvade stammt aus dem südlichen Frankreich (Béarn), wo sich der Gebrauch ebenso wie bei den Basken, in Vizcaya und Navarra besonders lange gehalten hat. Diodor fand denselben Gebrauch auf Korsika, Strabon bei den Iberern, Marco Polo in einem Teil Chinas, andre Reisende in Ostindien, Kalifornien, Westindien, Brasilien, Westafrika etc. Die Indianer geben in der Regel als Grund an, daß das Kind direkter vom Vater als von der Mutter stamme, und daß der geringste von dem Vater begangene Diätfehler oder eine sonstige Unvorsichtigkeit dem Kinde das Leben kosten könnte. Bachofen, Giraud-Teulon, Peschel und andre Forscher glauben im M. eine Zeremonie zu erkennen, durch welche die Väter das Eigentumsrecht ihrer Kinder erst erwarben. Die Kinder erbten ursprünglich bei sehr vielen Völkern aller Weltteile Namen, Besitztitel, Herrscherwürden u. dgl. von der Mutter, und niemals das Geringste vom Vater, dem sie vielmehr gänzlich fremd blieben. Erst später ist das Vaterrecht anerkannt worden, und bei einzelnen Völkern muß der Vater noch heute das Kind der Mutter abkaufen. An andern Orten traten an die Stelle des Kaufens bestimmte Zeremonien, so bei den Römern und Germanen das Aufheben vom Boden, oder am häufigsten eine Scheinentbindung, ebenso wie Hera, als sie den Sohn der Alkmene adoptierte, eine Scheinentbindung durchmachen mußte. S. Mutterrecht. Vgl. Tylor, Forschungen über die Urgeschichte der Menschheit (a. d. Engl., Leipz. 1866); Giraud-Teulon, Les origines de la famille (Par. 1874); Ploß, Das Kind in Brauch und Sitte der Völker (2. Aufl., Berl. 1882, 2 Bde.), und Literatur bei Art. »Ehe«.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.